Ein Tag im Leben eines Möchtegerns

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irislobivia Avatar

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„Kleine Probleme“ hat Nele Pollatschek ihren jüngsten Roman getauft. Aber wie klein sind sie wirklich? Was auf den ersten Blick wie eine Story über einen verwirrten Familienvater wirkt, der nur schnell noch seine To-do-Liste abarbeiten will, bevor das neue Jahr beginnt, entpuppt sich als vielschichtiges Problem. Denn Lars leidet an Aufschieberitis – und das seit mindestens acht Jahren. So lange hat er gemeinsam mit Lehrerin Johanna ein ramponiertes Haus, so lange nieselt es gefühlt, so lange will er das beste Buch der Welt schreiben. Amüsant erzählt die Autorin vom letzten Tag des Jahres, an dem Lars nun all das schaffen will, was er sich in den vergangenen 12 Monaten vorgenommen hat. Unter anderem sein Lebenswerk – spätestens hier wird klar, das kann niemals gelingen. Unweigerlich fragt man sich, was es auf sich hat mit dem gescheiterten Philosophiestudenten und Endvierziger, der einst einen durchaus guckbaren Tatort geschrieben hat und seitdem scheinbar nichts mehr auf die Reihe kriegt – kritisch beäugt von den eigenen Kindern und Johanna, die irgendwie alles schafft. Dabei ist es nicht so, dass Lars nichts tut, im Gegenteil, er denkt – und zwar jede Menge. Seine Gedanken galoppieren einfach davon, was höchst faszinierend ist, denn sogar Schräubchen und lose Steckverbindungen führen dazu, dass er mit sehr viel Kreativität über das Leben als solches philosophiert. So lässt er sich immer wieder ablenken, er kommt vom Hundertsten ins Tausendste, was alles durchaus witzig beschrieben ist. Doch mit der Zeit verliert man die Geduld mit Lars. Und auch mit Johanna ist nicht alles im Reinen, wie man beim Lesen feststellt. Vor einem halben Jahr ist sie ausgezogen, um sich selbst zu finden. Die To-do-Liste wird von einem schnöden Notizzettel zu etwas Bedeutungsvollem. Wenn er sie endlich abhaken kann, dann wird endlich alles gut – denkt Lars. Viele Weisheiten, die quasi nebenbei serviert werden, hat Pollatscheks erquicklicher Band parat. Auch ich habe meine ganz persönliche gefunden. Das Ende schließlich, ließ mich verblüfft zurück, vielleicht sogar ein ganz klein bisschen wütend.