Eine tragikomische Geschichte

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kleine_welle Avatar

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Lars hat so viel vor, also gehabt, denn bisher hat er viele Dinge immer wieder aufgeschoben. Zum Beispiel sein Lebenswerk, dass er schon lange schreiben wollte oder dass er mit dem Rauchen aufhören wollte. Nun ist der 31. Dezember und an diesem letzten Tag im Jahr, muss er es einfach schaffen.

Um ehrlich zu sein verstehe ich nicht so recht, was dieser Vogel auf dem Cover zu suchen hat. :D Aber es prägt sich ein und das ist doch meiner Meinung nach bei einem Cover die Hauptsache.
Aber auch das Buch prägt sich ein, denn Nele Pollatschek hat einen ganz eigenen Stil ihre Geschichte zu erzählen. Denn wie Lars von einem Gedankengang zum nächsten springt, genauso bin ich mit durch seine Geschichte gesprungen.
49 Jahre hat Lars versucht alles zu schaffen, was erledigt werden muss, aber immer kommt was dazwischen. Es ist ja auch einfacher auf der Couch zu liegen und sich mit seinem Handy zu beschäftigen. Doch auf einmal merkt er, dass ihm die Zeit davonläuft. Doch es fällt nicht leicht, Gewohnheiten von Jahren zu ändern und die Dinge einfach anzupacken.
Lars ist wohl jemand, der einem bekannt vorkommt, denn wer hat nicht einfach mal die Zeit mit einem Handyspiel vergessen? Oder Hausarbeiten nach hinten verschoben um ein weiteres Youtube Video zu sehen?
Deshalb wirkt er auf mich trotz seiner Fehler und seiner Faulheit sympathisch. Dazu kommt, dass die Autorin in einem humorvollen Ton die Geschichte von Lars erzählt. Aber wenn er vor dem schmutzigen Wohnzimmertisch steht und sich im Kopf theoretisch vorstellt, wie er putzt, hat alles doch eine tragische Seite.
Trotz der wenigen Seiten, die das Buch hat, erzählt die Autorin so viel, denn sie beschreibt eine komplette Lebensweise und ja, manchmal hätte ich mich gerne neben Lars auf den Boden gelegt und einfach nichts gemacht. Nicht weil das Buch schlecht wäre, sondern weil die Überforderung deutlich auch bei mir spürbar war.
Als die Zeit bis Mitternacht immer weniger wird, hatte ich nicht mehr das Gefühl, als könnte Lars das schaffen und doch wünschte ich ihm es. Wobei ich ihn auch an einigen Stellen gerne einfach geschüttelt hätte, warum er nicht endlich mal seinen Arsch hochbekommt.
Beeindruckt und doch durch Abwesenheit glänzt seine Frau Johanna. Die in seinem Kopf herumspukt und seine gute Seele ist. Sie versucht ihn zu motivieren und auch wenn er sich ab und zu mit ihr zankt, ist es immer wieder er selbst, der sich aufrafft und nach und nach das Wunder vollbringt einen Haken neben einer Aufgabe zu setzen.
In einer Welt, die so sehr auf Ordnung und Disziplin aus ist, haben es Menschen wie Lars einfach schwer. Und doch konnte ich trotz den Kritiken seiner Kinder und den mahnenden Worten seiner Frau einen starken Familienzusammenhalt spüren. Für sie bringt sogar Lars Ordnung in die Welt.
Ob es am Ende dann für einen Neuanfang reicht, weiß nur Lars. Aber es wird auf jeden Fall besser. 😊

Mein Fazit: Die Erzählung springt manchmal extrem zwischen den Zeiten und Gedanken von Lars hin und her. Da war es nicht immer leicht zu folgen, aber trotzdem mochte ich das Buch von Nele Pollatschek gerne, denn Lars ist eine Person, die keine Unbekannte ist in unserer Gesellschaft und manchmal musste ich nicken, weil ich genau dieselben kleinen Probleme habe. Gewürzt mit der richtigen Prise Humor, ist es ein wunderbarer tragikomischer Roman. Von mir gibt es dazu eine Empfehlung. 😊