Nicht nur kleine Probleme

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Lars, ist 49, hat einen erwachsenen Sohn, eine Teenagertochter und ist momentan Strohwitwer. Kurz bevor Johanna aus Lissabon zurückkommt und auch Tochter Lina, will er endlich Dinge erledigen. Das fällt ihm schwer, aber er will sich ändern und wann kann man das besser als zwischen den Jahren. Nur leider bekommt er das auch mit der selbst auferlegten Deadline nicht hin und steht am 31. Dezember vor einem Container unerledigter Sachen: Steuern, Haus in Ordnung bringen, Nudelsalat machen, Lebenswerk schreiben. All die Dinge, die er vor kurzem oder sein ganzen Leben lang immer wieder aufgeschoben hat, greift er an.
Nele Pollatschek hat mit „Kleinen Problemen“ ein wunderbaren Roman geschrieben, der mich oft zum Lachen gebracht hat, aber auch zum Nachdenken. Mit Lars konnte ich mich mehr als identifizieren, ich halse mir auch oft zu viel auf, verzettle mich und verfalle in Lethargie, das hat Lars sogar perfektioniert. Prokrastination kennen wir wohl alle, aber Lars Gedanken springen so schnell hin und her, er kommt vom Hölzchen aufs Stöckchen und wieder zurück, das ich manchmal fast den Überblick verloren hätte. Amüsant war es trotzdem, auch wenn ein wenig Trauer mitschwingt, weil Lars sein ganzes Leben nur geträumt hat, anstatt einfach zu machen und nicht alles zu zerdenken. Das ist auch die Kernbotschaft, die ich aus dem Roman für mich mitnehme.
Nele Pollatschek beweist ihr schriftstellerisches Talent in banalen Alltagssituationen, die sie mit viel Witz beschreibt. Manchmal war es etwas viel, etwas lang, aber genau so ist Lars. Er lebt mit diesen Gedankensprüngen und verfängt sich durch sie in seinem Leben. Anfangs vermutete ich nur eine lustige Geschichte und einen Protagonisten in dem ich mich wiedererkennen kann, aber der Roman ist viel tiefer, wenn man sich darauf einlässt.
Und ein tolles Beispiel, dass Frauen sehr gut mit männliche Protagonisten arbeiten können.