To do or not to do?!

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Es ist der 31.12. und Lars, der Hauptprotagonist und Erzähler dieser Geschichte, hat zum Jahresende noch einiges zu erledigen: Die Wohnung aufräumen und putzen, ein Bett für seine Tochter aufbauen, seinen Vater anrufen, einen Nudelsalat zubereiten … Und dann ist da noch sein Lebenswerk als Schriftsteller, das Lars zwar schon jahrelang nicht fertig geschrieben, ja eigentlich noch nicht einmal begonnen hat, aber das jetzt auch noch unbedingt fertig werden muss.

Es ist einfach zu viel, und Lars hat noch nicht einmal angefangen. Um das Problem in den Griff zu kriegen, schreibt er eine To-do-Liste mit dreizehn Aufgaben und beginnt, diese Liste mehr oder weniger erfolgreich abzuarbeiten ...

Cover und Schreibstil:

Das Cover des Buches zeigt einen weißen Reiher, der im Nieselregen steht. Der Zusammenhang mit dem Inhalt des Buches erschließt sich mir, abgesehen von der Melancholie, die das Coverbild ausstrahlt und des allgegenwärtigen Nieselregens, der im Buch immer wieder erwähnt wird, leider nicht ganz.

Der Schreibstil der Autorin Nele Pollatschek hat mir gut gefallen, nachdem ich mich ein wenig daran gewöhnt hatte. Nele Pollatschek schreibt dramatisch, emotional und lustig zugleich. Beim Lesen schwankte ich zwischen tiefem Mitleid mit diesen unorganisierten, verzweifelten Hauptprotagonisten und dem ständigen Drang, ihn mir zu greifen und mal kräftig durchzurütteln.

Fazit und Leseempfehlung:

Nele Pollatschek beschreibt in „Kleine Probleme“ etwas, was wir alle mehr oder weniger schon erlebt haben: die Panik, am Jahresende dazustehen und „nichts“ geschafft zu haben – die Panik, mit Altlasten ins neue Jahr zu starten.
Lars, dessen Kinder gerade im Ausland sind, und dessen Frau Johanna eine Auszeit in Portugal verbringt, befindet sich im Stress, denn am Silvestertag kommt seine Familie nach Hause, und alles soll perfekt sein.

Und genau dieser Perfektionismus scheint Lars die größten Probleme zu bereiten: Er möchte es einfach allen recht machen. Seinen Kindern, seiner Frau und letztendlich auch sich selbst.
Er merkt schnell, dass es nicht damit getan ist, eine Liste zu schreiben, man muss diese dann auch tatsächlich abarbeiten.

Und man muss sich aufraffen, mit der Arbeit zu beginnen. Und auch dies ist ein Problem für Lars: erstmal in Ruhe ein, zwei Zigaretten rauchen und über den Sinn oder Unsinn der Grundsätze der Thermodynamik nachdenken – da kann man schon mal unter Zeitdruck geraten. Überhaupt ist Lars ein völlig verkopfter Mensch und steht sich mti vielen Dingen einfach selbst im Weg.

Im Wesentlichen geht es in „Kleine Probleme“ um gar nicht so kleine Probleme. Es geht eigentlich um die ganz großen Dinge, die sich hinter der auf einem Zettel hingeschmierten To-do-Liste verbergen. Letztendlich geht es für Lars darum, seine Beziehung mit Johanna, aber auch sein ganzes Leben endlich in den Griff zu kriegen.

Als passionierte Krimi- und Thriller-Leserin war dieses Buch für mich keine typische Lektüre. Aber auch in diesem Buch konnte ich viel Spannendes entdecken.

Leider gibt es in „Kleine Probleme“ ein paar Längen, zum, Beispiel, wenn Lars über die verschiedenen IKEA-Schraubentypen philosophiert. Und auch wenn dies tatsächlich nicht an den Haaren herangezogen ist, und wir so etwas ja alle irgendwie kennen, haben mich Textpassagen dieser Art ein wenig ermüdet.

Aber immer, wenn ich dann tatsächlich kurz vor einem gelangweilten Gähnen war, hatte Lars auf einmal einen neuen Gedanken bzw. Idee, und war wieder gefangen in dem ansprechenden sprachlichen Ausdruck dieser Autorin.
Und auch wenn mir Lars am Ende nicht sehr sympathisch war, werden mir einige Szenen in diesem Buch sicherlich noch lange in Erinnerung bleiben, zum Beispiel Lars‘ überaus kreative Art, auf die Schnelle einen Nudelsalat zuzubereiten.

Was habe ich außerdem aus der Lektüre dieses Buches mitgenommen? Nicht zu viele unerledigte Aufgaben ansammeln und machen, nicht nur planen – anfangen (und zu Ende bringen, aber das wäre dann schon wieder ein ganz anderes „kleines Problem“!).

„Und so endet die Geschichte nicht, aber so endet sie heute.“ (Kindle-Position 2324)

Ich vergebe für „Kleine Probleme“ vier Punkte und empfehle dieses Buch allen Über-den-Tellerrand-Guckern.

Die Dauerleserin