Ihr kennt meinen Namen – aber nicht meine Stimme

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ninareads Avatar

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Schon die Anmerkung der Autorin macht deutlich, dass Kleopatra. Roman einer Königin keinen klassischen historischen Roman erzählt, sondern eine bewusste Annäherung an Erinnerung, Mythos und weibliche Stimme. Saara El-Arifi positioniert sich offen zwischen Fakten, Interpretation und Imagination – und genau daraus entsteht die besondere Kraft der Geschichte.

Der Prolog ist eindringlich und poetisch. Kleopatra spricht selbst, reflektiert ihren Mythos und widersetzt sich den Zuschreibungen der Geschichte. Die Sprache ist bildhaft, selbstbewusst und von einer fast zeitlosen Präsenz getragen. Statt einer distanzierten historischen Figur begegnet man einer Frau, die sich ihrer Wirkung, ihrer Projektionen und ihrer Menschlichkeit bewusst ist.

Mit dem Einstieg in die eigentliche Handlung wird Kleopatra als junge, kluge Erzählerin greifbar. Szenen wie das Spiel mit Charmion oder die Erinnerung an den Hakawati zeigen früh ihre Liebe zu Sprache, Geschichten und Macht über Worte. Besonders überzeugend ist die ruhige Selbstverständlichkeit, mit der El-Arifi Intelligenz, Manipulationsfähigkeit und Verletzlichkeit nebeneinanderstehen lässt.

Die Leseprobe verspricht einen Roman, der Kleopatra nicht erklärt, sondern sie sprechen lässt – vielstimmig, widersprüchlich und nah. Ein starker, moderner Zugang zu einer historischen Figur, die hier endlich als Mensch sichtbar wird, nicht nur als Legende.