Wichtig, aber...

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murksy Avatar

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Vorneweg: das Buch bekommt drei Punkte, weil das Thema das allumfassende Problem unserer Zeit ist. Wenn wir den Klimawandel nicht in den Griff bekommen (ich gehöre zu den Zweiflern an dieser Möglichkeit, weil der Faktor Mensch einfach dagegen spricht), ist die Existenz der Menschheit gefährdet. Leider begreift das der Mensch erst dann, wenn es ihn direkt betrifft. Es ist schon makaber, dass das Coronavirus mehr für den Klimaschutz tut, als alle Gesetze und Maßnahmen zusammen. Es hilft übrigens nicht, von Klimaerhitzung zu sprechen, das verdeutlicht die Wichtigkeit nicht.
Nur drei Punkte? Tja, weil das Buch sich leider nicht von anderen seiner Art unterscheidet. Viele Tipps des Buches sind gut und richtig. Ich hätte mir gewünscht, diese Tipps nicht aufgesplittert zu finden, sondern sauber strukturiert in einem Teil des Buches zusammengefasst. Ebenso hätte mit den unzähligen Fakten verfahren werden sollen. Leider neigt man dazu bei der Nennung von Gigatonnen und Megakilowattstunden abzuschalten. Überprüfen werden die Zahlen bestimmt die wenigsten Leser. Obwohl das vielleicht nötig wäre. Warum? Weil dem Lektorat und Autor kleine Fehler entgangen sind. Dass mal ein Wort fehlt oder ein Punkt zu viel steht, Schwamm drüber. Aber auf Seite 52 steht, dass man die Kühlschranktemperatur von 7 auf 5 Grad ändern soll, um Energie zu sparen. Später im Buch steht es dann richtig drin. Ich unterstelle mal mutig, dass jedem aufmerksamen Leser der Fehler auffällt und nicht wirklich jemand den Tipp in der Form beherzigt (das wäre echt blöd gelaufen). Was allerdings wirklich ärgerlich an diesem kleinen Fehler ist: wenn schon bei so einfachen Zahlen ein Fehler drin ist, was kann ich dann von all den anderen Zahlen im Buch glauben? Das Vertrauen in das Gelesene sinkt automatisch.
Was mich auch gestört hat, ist die angebliche Dummheit der Eltern, die von ihren Kindern permanent belehrt werden sollen, ihnen apps installieren oder Kosten vorrechnen mögen. Etwas einfältige Anbiederung an das junge Volk, oder?
Viele Seiten des Buches (damit Papier und Energie) hätten gespart werden können, durch die oben angesprochene Gliederung z.Bsp.. Das Buch wiederholt sich oft. Tipps werden mehrfach genannt, es fehlt der rote, gut lesbare Faden. Auch ein Sparpotential: statt unzählige Sterne und Verlängerungen für das "Gendern" zu verwenden, hätte ein schlanker Satz im Vorwort gereicht "Aus Umweltschutzgründen wird im Weiteren auf das Gendern verzichtet".
Merkwürdig erscheinen mir so manche widersprüchlichen Tipps. Man soll weniger Elektroartikel kaufen. Aber dafür einen zweiten E-book reader, um dann gekaufte ebooks kostenlos auf andere Geräte zu übertragen (das hören die Verlage bestimmt nicht so gerne). Auch wird gegen das Dienstwagenprivileg argumentiert, auf andere Seite aber empfohlen, dies zu nutzen, um auf den eigenen Wagen verzichten zu können.
Dann soll man doch in der Nähe der Arbeitsstätte wohnen. Lieber Herr Professor. Ich wohne auch in der Nähe zu Freiburg. Leider habe ich nicht ihr Gehalt oder Einkünfte als Autor, um mir eine Wohnung in Freiburg (gar Vauban??) leisten zu können. Also wohnt meine Familie einige km außerhalb. ÖPNV? Ich erspare mir, dies zu kommentieren. Und selbst wenn sich jeder das leisten könnte, was wären die Folgen? Eine noch größere Verstädterung mit all den negativen Folgen.
Wirklich dumm ist der Aufruf zu einer Wettfahrt auf Seite 136. Wissen Sie eigentlich, wie viele Unfälle es mit Radfahrer und E-bikes gibt???
Auch nicht viel besser: statt Besuche bei Verwandten und Bekannten solle man doch WhatsApp und co nutzen. Oder der Ratschlag für die Landbevölkerung, mehr online zu bestellen, um das Autofahren aufgeben zu können. Vorher wurde noch gegen das Onlinebestellen argumentiert. Usw. usw.
Wie gesagt, ein zu wichtiges Thema, um es zu ignorieren. Ich bezweifle allerdings, dass ein solches Buch die Richtigen erreicht. Denn die SUV-Fahrer und Klimaleugner werden sich bestimmt nicht auf die Lektüre stürzen.