Wichtiger Inhalt, doch etwas langatmig

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federlilie Avatar

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Für „Komplizin“, einen Roman, der die #MeToo-Kampagne der amerikanischen Filmindustrie aufgreift, habe ich relativ lange gebraucht.
Ich gebe zu, dass er mich ein wenig ernüchtert zurücklässt. Natürlich hätte ich mir bei diesem Thema nicht mehr Opfer, nicht mehr Gewalt gewünscht, aber das so wichtige Thema #MeToo wurde doch nur oberflächlich angekratzt. Und leider verrät der Klappentext eigentlich schon die ganze Geschichte.
Dennoch war es spannend – und erschreckend – zu lesen, wie Hollywood funktioniert. Sarah Lai, die als Produktionsassistentin eingestellt wurde und dann den ganzen Indie-Film beinahe im Alleingang koordinieren musste, weil ihre Chefin eine dringende familiäre Angelegenheit zu regeln hatte, wird behandelt wie eine Praktikantin. Der extrem raue Umgangston allein ist schon verstörend, doch dann kommen noch die Machenschaften dieses Geldgebers Hugo North dazu, der mit seinem dicken Portemonnaie einfach mal alle wie Marionetten tanzen lässt. Vor allem die vielen jungen Frauen am Set, deren Träume wie Seifenblasen platzen, werden von ihm wie Spielzeug behandelt. Grausam.
Sarah, die selbst zum Opfer wurde, dies aber jahrelang mit sich ganz allein ausmacht, fühlt sich als Komplizin, weil sie das Gefühl hat, andere Frauen nicht genug gewarnt zu haben. Schlimm, dass eines der Opfer Schuldgefühle haben muss, während die Täter das einfach weglächeln oder – wie Hugo North -wegkoksen. Dieses Schuldgefühl auch sich selbst gegenüber ist leider die Realität überall dort, wo Opfer von Belästigungen und (häuslicher) Gewalt zurückgelassen werden.
Ich denke, das Buch hätte inhaltlich noch tiefer gehen können. Zwischenzeitlich war mir Sarah einfach viel zu entfernt, was ich schade fand.
Dennoch: Das Thema ist wichtig und muss eindringlich besprochen werden. Die Autorin Winnie M Li – selbst Opfer - engagiert sich in mehreren Projekten, um die Geschichte hinter den Filmgeschichten ans Licht zu bringen. Dafür hat sie meinen höchsten Respekt.
Dem Verlag Suhrkamp und Vorablesen möchte ich danken für die Bereitstellung des Leseexemplars.