Die Geschichte eines langen Lebens

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petris Avatar

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Die zweite Hälfte des Bücherjahres hat begonnen. Und das gleich mit einer Neuerscheinung, die mich sehr begeistert und berührt hat.
Angezogen haben mich zuerst das Cover und der Titel, die ich beide sehr gelungen fand und die mich sofort interessiert haben. Der Klappentext erzählte nicht viel, doch fesselte er mich und im Nachhinein finde ich, dass es einer von jenen Texten ist, die das Buch gut treffen, ohne zu viel zu verraten. Und auch die Leseprobe fand ich ansprechend.
Fried Tendeloo ist über 80 und frisch verwitwet. Dabei hätte sie doch erwartet, dass ihr geliebter Mann Louis, der sie pflegte, bis zu ihrem Tod an ihrer Seite sein würde. Sie kann nicht mehr alleine in der Wohnung bleiben und übersiedelt ins Pflegeheim. Diese einschneidende Veränderung rufen viele Erinnerungen wach. An ihre Zeit als junge Erwachsene, an ihre erste große Liebe, den verheirateten Otto und an ihr uneheliches Kind, das bei der Geburt starb.
Abwechselnd wird aus der aktuellen Zeit, ihrem Leben als alte Frau und aus ihren Erinnerungen erzählt. „Die gute alte Zeit“ war alles andere als gut, mit Frauen, die unehelich schwanger wurden, mit totgeboren Kindern wurde alles andere als feinfühlig umgegangen. Es waren traumatische Erfahrungen.
Und dennoch blickt sie auf ein gutes, erfülltes Leben zurück.
Dieser Gegensatz, diese Vielfalt an Gefühlen und Erfahrungen, wird hier wunderbar einfühlsam und sehr schön erzählt. Es wird nicht beschönigt, auch Frieda wird mit Ecken und Kanten gezeichnet. Alles wirkt sehr gut recherchiert und trotzdem sehr gelungen literarisch umgesetzt.
Ein Buch, das ich nicht mehr aus der Hand legen konnte und das mich auf allen Ebenen überzeugt hat. Ein wirklich gelungener Start in die Herbstsaison des Bücherjahres 2023.