Leaving Kosakenberg

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Wie viele junge Menschen lässt Kathleen ihr Leben in einem kleinen brandenburgischen Dorf zurück und geht in den 1990er Jahren zunächst in den Westen zum Studieren und arbeitet später in London als Grafikdesignerin. Doch so richtig vergessen kann sie das Dorf „Kosakenberg“ nicht.

Die Lesenden begleiten Kathleen auf ihren seltenen Heimfahrten nach Kosakenberg über einen Zeitraum von etwa 20 Jahren. Dabei ändern sich sowohl Kathleen als auch Kosakenberg und seine Einwohner. Sabine Rennefanz‘ Beschreibungen des Dorfes und der Leute hat in mir viele Erinnerungen geweckt. Sie zeigt immer wieder auf, was bei der Wiedervereinigung für die kleinen Dörfer und deren Einwohner schief gelaufen ist und wie die Menschen trotzdem das Beste aus ihrem Leben machen.

Die Figur der Kathleen ist nicht uneingeschränkt liebenswert. Sie hat ihre Heimat verlassen, schaut aber kontinuierlich zurück. Sie möchte nie wieder zurück, hadert aber mit dem Verlust ihres Elternhauses. Besonders gut gelungen ist die Diskrepanz ihrer Eigenwahrnehmung und wie die Einwohner von Kosakenberg sie sehen. In ihren eigenen Augen hat sie es geschafft, ist erfolgreich, war sogar bei der Gartenparty der Queen. Die Kosakenberger sehen in ihr eine Weggegangene, die nun von oben auf sie herabschaut und sie für dumm und provinziell hält. Und ganz unrecht haben sie nicht: in ihren Überlegungen ist Kathleen oft hochmütig, wenig empathisch und fällt vorschnell Urteile.

Alle Figuren in diesem Buch wirken sehr echt und wirklichkeitsnah. Der Schreibstil ist witzig und kurzweilig, schafft es aber trotzdem, die vielen Gegensätze (West-Ost, Stadt-Land, Gehen und Bleiben), die Entfremdung und die Melancholie zu verdeutlichen. Obwohl es wenig Handlung gibt, bieten sich beim Lesen viele Einsichten und Denkanstöße. Mir hat „Kosakenberg“ sehr gut gefallen.