Das Leben ist endlich …

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herbstrose Avatar

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Seit Dad Lewis erfahren hat dass er nur noch kurze Zeit leben wird, heißt es für ihn Abschied zu nehmen. Abschied von Holt, der kleinen Stadt in Colorado, in der er sein ganzes Leben verbrachte, Abschied von seinen Freunden und Nachbarn, Abschied von seiner geliebten Frau Mary und Abschied von Tochter Lorraine, die zur Unterstützung ins Elternhaus zurückgekommen ist. Zu Sohn Frank hat er jeglichen Kontakt verloren, seit dieser nach der Schule die Familie verlassen hat. Es ist heiß in diesem Sommer, und so sitzt Dad meist auf seiner Veranda, schaut still in den Garten und lässt sein Leben Revue passieren …

Der Roman „Kostbare Tage“ des US-Schriftstellers Kent Haruf (1943-2014) erschien erstmals 2013 unter dem Originaltitel „Benediction“ in New York und wurde nun, 2020, in deutscher Sprache vom Diogenes-Verlag herausgebracht. Der in Colorado beheimatete Lehrer schrieb insgesamt sechs Romane, die alle in der fiktiven Kleinstadt Holt spielen und für die er einige Preise und Auszeichnungen erhielt.

Wieder nimmt uns der Autor mit nach Hold, der verschlafenen Kleinstadt in der endlosen Weite Colorados. Wir sind zu Gast bei Dad Lewis und seiner Familie und lernen durch sie die Nachbarn, das Personal der Eisenwarenhandlung und den seltsamen neuen Reverend Lyle kennen. Neben den stillen Stunden beim sterbenden Dad erleben wir auch fröhliche Momente mit der kleinen Alice, die jetzt im Nachbarhaus bei ihrer Großmutter wohnt.

Kent Haruf versteht es großartig, Gefühle und Stimmungen auszudrücken und die Stärken und Schwächen der Menschen hervorzuheben. Die Geschichte strahlt eine tiefe Ruhe aus, ist stimmig und berührt auch ohne Sentimentalität, er fesselt den Leser mit sparsamen Worten. Sein Schreibstil ist ruhig und distanziert, nach kurzer Zeit hat man sich auch daran gewöhnt, dass die wörtlichen Reden nicht durch Satzzeichen hervorgehoben sind. Bemerkenswert ist der meist liebevolle und feinfühlige Umgang der Protagonisten untereinander, was das Geschehen sehr real und authentisch macht.

Fazit: Ein Buch, das trotz Sterbeszene zufrieden und glücklich macht – das ich sehr gerne gelesen habe und guten Gewissens weiter empfehlen kann.