Ein sehr trauriges Buch

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miriam0000 Avatar

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Dad Lewis wird sterben. Etwa einen Monat geben ihm die Ärzte noch – doch er ist nicht allein. Seine Frau und seine Tochter kümmern sich rührend um ihn und auch die Nachbarschaft unterstützt ihn, wo sie kann. Doch seinen Sohn Frank, den er wegen seiner Homosexualität verstoßen hat und zu dem seit vielen Jahren kein Kontakt mehr besteht, wird er vermutlich nie wieder sehen.
Zwar steht Dad Lewis, seine Familie und wie alle drei mit dem nahenden Tod umgehen im Mittelpunkt der Handlung, doch Nebenstränge beleuchten das (traurige) Schicksal vieler weiterer Einwohner. Die Handlung von Kostbare Tage ist im fiktiven Örtchen Holt angesiedelt. Holt liegt weit ab vom Schuss, sehr ländlich zwischen trockenen, landwirtschaftlich betrieben Feldern. Denver als nächstliegende Großstadt ist mehr als zwei Autostunden entfernt, sodass die Bewohner Holts eine eingeschlossene Gemeinschaft bilden – teils mit sehr konservativen Ansichten. Das muss auch Pfarrer Lyle erfahren, der mit seiner Familie aufgrund eines Zwischenfalls von der Großstadt nach Holt versetzt wird. Mit seinen modernen Ansichten, auch in Bezug zu Homosexualität, eckt er bei vielen Bewohnern an. Auch das Schicksal von Mutter und Tochter Johanson und das der kleinen Alice ist bewegend.
Kurzum: Kostbare Tage ist ein unheimlich trauriges Buch und nichts für Zartbesaitete, die nach Wohlfühlunterhaltung suchen. Hoffnungsschimmer gibt es wenige, nahezu jede Person hat einen Verlust erlitten und leidet auf ihre Art und Weise. So thematisiert Kent Holt nicht nur Themen wie Krebs, Homosexualität und das Verlassenwerden, sondern auch den Verlust eines Kindes, das Scheitern von Beziehungen und Selbstmord. Die Sprache ist dabei sehr einfühlsam und passt gut zu dem Erzählten.
Generell hat mir das Buch sehr gut gefallen, es berührt einen wirklich und die Atmosphäre ist nah und lebensecht. Dennoch bleiben mir die Figuren zu oberflächlich, insbesondere wenn sie miteinander sprechen. Die Dialoge sind oft sehr simpel aufgebaut und erlauben selten Einblick in die Person selber. Abfolgen sinngemäß etwa wie: „Wie geht’s es dir?“ – „Ich komme zurecht.“ – „Sag bescheid, wenn du Hilfe brauchst.“ kommen mehrfach vor und sind mir einfach zu platt. Auch finde ich, dass der Autor seinen Figuren teilweise ein zu hartes Schicksal zugeordnet hat – ein glückliches Leben führt keine von ihnen.
Trotz dieser kleinen Kritikpunkte kann ich den Roman aber empfehlen.