Stilistische Überraschung

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lifeistardisblue Avatar

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“Kostbare Tage” von Kent Haruf begleitet die letzten Tage im Leben von “Dad” Lewis; einem betagten Familienvater, der sich Zeit seines Lebens einen Platz in der Gemeinschaft des kleinen Ortes Holt erarbeitet hat.
Der Roman erzählt auch von Menschen, die aus dem dörflichen Gleich-Gleich herausstechen und versuchen auszubrechen, um durch die Dorfdynamik nicht vollends gebrochen zu werden.

Optisch spielt das Buch mit Gegensätzen zwischen Inhalt und Cover. Die bunten Farben stehen dem ernsten Thema krass gegenüber.

Harufs Stil bleibt dabei erstaunlich sachlich und nüchtern. Der Autor verzichtet völlig auf eine Herausstellen wörtlicher Rede durch Anführungszeichen oder Stilmittel. Diese Eigenheit lässt die Grenzen zur Erzählung verschwimmen; zeitweise fiel es mir schwer Konversation als solche zu erkennen.
So bleibt der Erzählstil trotz emotional aufwühlender Thematik über weiter Strecken emotionslos und blass. Erst zum Schluss fühlte ich mich ergriffen - leider nur für wenige Seiten.

Was bleibt bei mir zurück? Der Autor regt durch seine Darstellung diverser grundverschiedener Beziehungen zum Überdenken zwischenmenschlicher Beziehungen an.
An dieser Stelle schließt sich für mich der Kreis: wie weit kann Beziehung auferlegt werden und durch einen bestimmten Erzählstil greifbar gemacht werden. Und wo existiert Gefühl unabhängig von oder anderen Einflüssen zum Trotz?

Allen Lesern empfehle ich: erst sacken lassen, dann darüber nachdenken und schließlich urteilen!