Fesselnder, brandaktueller Fall für Privatermittler Dengler

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INHALT
Georg Dengler fühlt sich in Stuttgart so wohl wie schon lange nicht mehr, und auch mit Olga läuft es besser denn je. Trotz der aufziehenden Corona-Pandemie lässt er sich von ihr überreden, in Berlin zu ermitteln. Der Immobilienhai Sebastian Kröger scheint seine Mieter mit kriminellen Methoden rauszuekeln. Doch Dengler muss erkennen, dass die Sache größer ist, viel größer. Das gibt es nirgendwo sonst auf der Welt: In einem Radius von wenigen hundert Metern vereinen sich in Kreuzberg Plattenbauten, schicke Townhouses, die türkische Community und der Schwarze Block. Ausgerechnet hier will der Bauunternehmer Kröger zwei Häuser »entmieten«, den danebenstehenden Kindergarten abreißen und ein neues Townhouse bauen. Dazu ist ihm jedes Mittel recht. Die Mieter*innen wehren sich. Eine von ihnen bittet ihre Freundin Olga um Hilfe. Plötzlich stehen sie und Georg Dengler mitten im modernen Berliner Häuserkampf um das Recht auf Wohnen. Dann fällt ein Spekulant vom Dach eines der umkämpften Häuser – und die Lage eskaliert.
(Quelle: KiWi)

MEINE MEINUNG
Mit seinem neusten Krimi „Kreuzberg Blues“ lässt der deutsche Krimi-Autor Wolfgang Schorlau seinen toughen Stuttgarter Privatermittler und Ex-BKA-Fahnder Georg Dengler bei seinem bereits 10. Fall antreten, der ihn diesmal mit seiner cleveren Freundin Olga nach Berlin verschlägt.
Bekannt für seine scharfsinnigen, politischen Krimis hat Wolfgang Schorlau seinen brisanten Fall in der gewissenlosen, geldgierigen Immobilienbranche angesiedelt. Hierin widmet er sich der erschreckenden Verflechtung von Finanzindustrie und Immobilienwirtschaft sowie den rüden Methoden ihrer Handlager. In Zeiten des immer knapper werdenden Wohnraumes in deutschen Großstädten boomt das lukrative Geschäft mit kostbarem Wohnraum mehr denn je. Kein Wunder, dass in den letzten Jahren mächtige Immobilienkonzerne entstanden sind, die nun Hunderttausende von Wohnungen mit dem Ziel der Gewinnmaximierung verwalten und die Objekte nach Luxusrenovierungen deutlich über dem Marktpreis anbieten – darunter ehemals bezahlbarer Wohnraum, der einst als Sozialwohnungen in öffentlicher Hand war. Sehr vielschichtig hat Schorlau die sorgsam recherchierten Hintergründe zu einer packenden Story verwoben. Äußerst anschaulich führt er uns die skrupellose Vorgehensweise der Entmieter vor Augen, die neben Einschüchterung und Drangsalierung auch vor kriminellen Machenschaften nicht haltmachen, um unliebsame Mieter aus den Wohnungen herauszubekommen. Zugleich gibt uns auch Einblicke ins das Leben der Betroffenen und ihre verzweifelten Versuche sich zur Wehr zu setzen.
Schorlaus sehr lebendiger Schreibstil und die sehr filmische Umsetzung lassen uns schnell in die spannende Handlung eintauchen. Es gelingt ihm mit seinen flotten Dialogen und bildhaften Beschreibungen des Kreuzberger Milieus sehr gut, für eine authentische Atmosphäre zu sorgen und das besondere Ambiente einzufangen, so dass das Kopfkino schon bald anspringt. Neben diesem an sich schon sehr spannenden Plot hat Schorlau sich entschlossen, auch noch die Corona-Pandemie als brandaktuelles Thema in seine Geschichte mit einzuflechten und hat daher noch einen interessanten Nebenhandlungsstrang rund um die Corona-Leugner, Verschwörungstheoretiker und Impfgegner angelegt.
Die Handlung ist mehrgleisig angelegt und wechselt beständig zwischen unterschiedlichen Schauplätzen, Zeitebenen und Perspektiven hin und her. Denglers neuer, heikler Auftrag für die Kröger Immobilien AG in Berlin, den er eher zufällig bekommen hat, ist ein recht ungewöhnlicher Fall und entpuppt sich schon bald als ganz schön heikel. Mit welchen übermächtigen Gegnern Dengler hier zu tun hat, wird ihm erst spät bewusst. Bei ihren hartnäckigen Ermittlungen in der Immobilienbranche decken Dengler und Olga erschütternde Hintergründe und skrupellose Machenschaften auf, die nur allzu sehr der deutschen Realität entsprechen. Durch die extrem raschen Perspektivwechsel und oft sehr kurzen Szenen treibt der Autor seine Handlung mit einem hohen Tempo voran und sorgt für viel Spannung. Eine vielschichtige Figurenzeichnung bleibt hier allerdings weitgehend aus. Erst nach und nach ahnt man, wie die ganzen Geschehnisse und zwielichtigen Akteure zusammenpassen könnten, und fiebert der Zusammenführung der verschiedenen Handlungsstränge sowie der abschließenden Auflösung regelrecht entgegen.
Der unheilvolle Ausklang des Bands macht auf jeden Fall neugierig auf eine Fortsetzung. Ich bin sehr gespannt, in welchem brisanten neuen Fall Dengler das nächste Mal ermitteln wird.
Sehr interessant und lesenswert ist übrigens auch Schorlaus Nachwort „Finden und Erfinden“, in dem er seine umfangreichen Recherchen erläutert und nochmals auf einige bestürzende Entwicklungen und Fakten zu Deutschlands Immobilienlandschaft aufmerksam macht.
FAZIT
Ein spannender, temporeich erzählter Krimi mit einem brisanten Fall, der zwar etwas konstruiert wirkt, mit seiner Aktualität und Gesellschaftskritik aber dennoch sehr lesenswert ist.