Erschreckend real

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indi0815 Avatar

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_Jens Jöhler_ zeigt mit seinem zweiten Roman eindeutig, dass sich Recherche (zumindest für den Leser  ![](http://www.vorablesen.de/modules/fckeditor/fckeditor/editor/images/smiley/msn/wink_smile.gif) ) lohnt. Kein zusammengeschusterter Allerweltsthriller mit einer Portion Romantik sondern ein hervorragender Thriller mit aktueller Brisanz ist dem Autor mit der "_Kritik der mörderischen Vernunft_" gelungen. Sein Thriller greift wie im Vorübergehen Weltgeschehen, Wissenschaft, Ethik und Philosophie auf und verknüpft eine spannende Mord-Inszenierung durchaus mit Sozialkritik.

 

Seit langem ist Wissenschaft nicht mehr einfach in schwarz-weiß einteilbar, sondern bewegt sich zunehmend in Grauzonen, die für den Einzelnen durchaus beschränkend wirken - seien es Nackt-Scanner o.ä. Technologischer Fortschritt, neue Forschungsergebnisse, nicht immer sind diese für die Allgemeinheit von Vorteil.

Wie weit darf die Wissenschaft gehen? Was ist erlaubt und was bereits ethisch fragwürdig?

Beim Thema "Bewusstseinskontrolle" und "Freier Wille – eine Illusion (?!)" wird eine äußerst empfindliche, eigentlich unantastbare Freiheit angegriffen und spricht somit beinahe jeden an. Dies nun in einen Roman einzuweben, gelingt dem Autor sehr gut, nur selten werden philosophische Passagen etwas langatmig.

 

Verschiedene Schauplätze greifen ineinander wie Zahnräder ineinander über, flüssig verknüpft und den Spannungsbogen haltend. Mir kam es häufig vor, als hätte jemand "Film ab!" gerufen, wenn ich das Buch in die Hand genommen habe. Der Fokus der jeweiligen Erzählperspektive war gut realisiert, so dass man sich persönlich involviert fühlte und ich mich gut mit den einzelnen Personen, insbesondere Troller, auseinandersetzen konnte. Einer der wenigen Kritikpunkte war die etwas aufgesetzt wirkende Lovestory zwischen dem Ermittlerteam, Troller hätte meiner Ansicht nach diese Ausflüchte nicht nötig gehabt, aber sie lockern die Geschichte durchaus auf und sind vielleicht auch als Beispiel einer "freien" Entscheidung und/oder einer Trieb-Steuerung gedacht. Zudem empfand ich es als störend, dass die Journalisten einen Recherche-Spezialisten benötigten, der ihnen Dossiers zusammenstellt. Ich weiß nicht, ob dies üblich ist, aber Informationen zu beschaffen war für mich immer ein großer Bestandteil des Journalismuses und somit Teil der eigentlichen Aufgabe des jeweiligen Schreiberlings. Mehr Haare konnte ich beim besten Willen nicht in der Suppe finden ![](http://www.vorablesen.de/modules/fckeditor/fckeditor/editor/images/smiley/msn/wink_smile.gif) - ein herrlich beklemmendes Lesehighlight mit absoluter Kaufempfehlung für alle, die anspruchsvollere Thriller genießen!