Aus Krummen Holz gemacht

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hanseidig Avatar

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"Aus Krummen Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades werden".

Keinen geringeren als Immanuel Kant hat sich die Autorin Julia Linhof für ihr Romandebüt "Krummes Holz" als "Zitatpaten" gewählt.
Ihre Protagonisten Jirka, Malene und Leander sind aus eben diesem krummen Holz gemacht, oder anders: das Leben hat sie ein bisschen "verbogen".

Ein heißer Sommertag und eine öde Landschaft: hier hinein gerät man beim Lesen der ersten Seiten von Krummes Holz. Und bereits hier wird man tief in die Geschichte von Jirka, Leander und Malene hineingezogen.

Jirka kommt das erste Mal nach fünf Jahren im Internat, zurück auf den abgewirtschafteten elterlichen Hof, gelegen in der Einöde zwischen Sauerland und Ruhrgebiet. Sofort kommen die Erinnerungen an die Härte und das Schweigen der Kindheit, die Atmosphäre des Nicht-Willkommensein, an den Tod der Mutter. Jirkas Vater ist verwunden, seine Schwester Malene schweigt wütend und Leander, der Sohn des letzten Verwalters weicht ihm aus. Nur die demente Oma lässt Nähe zu.
Julia Linhof schafft es auf wunderbare Weise, dass man Jirka beim Lesen ganz Nahe kommen kann. Die Rückblenden in die glücklose Kindheit gelingen perfekt und der Bogen, den sie in die Gegenwart spannt, hat mich das Buch kaum aus der Hand legen lassen. Und über allem wabert die Schwüle des Sommers, bis sich ein Gewitter entlädt. Und das darf man gerne auch metaphorisch verstehen.
Am Ende ist das Krumme ein wenig begradigt. Das Schweigen wird gebrochen und Neues ist möglich.
Krummes Holz: ein richtig gutes Buch. Ich freue mich auf weitere Bücher von Julja Linhof und gebe eine ganz große Leseempfehlung.