Bedrückende Stimmung

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bücherfreund54 Avatar

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Julia Linhof stellt ihrem Debütroman „Krummes Holz“ ein Zitat des älteren Kant als Motto voran: „Aus so krummen Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts Gerades gezimmert werden.“ Kant äußert in dem Zitat seine Skepsis gegenüber der menschlichen Natur: Die Neigungen, Begierden, Triebe der Menschen sind so stark, dass die Vernunft sind nicht vollends im Zaume halten kann. Wenn ich es richtig verstehe, dann geht es Linhof aber nicht um die menschliche Natur, sondern um die Auswirkungen einer gewalttätigen, von wenig Liebe geprägten Erziehung eines Menschen. Am Beispiel dreier jungen Menschen, zweier Geschwister und eines Jungen, der nach dem Tod seiner Eltern mit den Geschwistern zusammen aufwächst, zeigt die Autorin die fatalen Auswirkungen einer solchen Erziehung. Diese Auswirkungen zeigen sich in gegenseitigem Misstrauen, das vielleicht (ganz sicher ist das nicht) am Ende der Romanhandlung aufgebrochen werden kann.
Diese Auswirkungen zeigt die Autorin weniger in Handlungen, als vielmehr in Stimmungen. In dem ganzen Roman herrscht eine bedrückende Stimmung, ohne dass der Leser so recht erfassen kann, was diese Stimmung eigentlich auslöst. So erscheint der Vater des Ich-Erzählers als ständige Bedrohung, ohne anwesend zu sein. Die Stimmung wird in vielen Landschafts-und Wetterbeschreibungen ausgedrückt, so herrscht weitgehend ein drückend-heißes Wetter vor ohne reinigendes Gewitter.
Die Autorin verfügt bei den Beschreibungen über eine klischeefreie, präzise Sprache. Schade, dass die Handlungsarmut des Romans die Lektüre doch insgesamt sehr anstrengend macht. Dabei ist die Ausgangskonstellation durchaus vielversprechend.