Toller, spannender Roman, bei dem das Lustige und Ernste eng bei einander liegen.

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
wedma Avatar

Von

„Kühn hat Ärger“ hat mir schon sehr gut gefallen, habe viel Spaß damit gehabt.
Wer einen Aktionskrimi nach Schema F sucht, der kann gern weitersuchen.
Hier wird der Gesellschaft der Spiegel vors Gesicht gehalten, auf eine ironisch-humorige und zuweilen auch ernste Art übers Leben und das, was dazu gehört philosophiert. Hier findet man Charakterstudien, v.a. beim Kühn und zum Schluss dem Täter& Co.
Kühn ist zwar ein Held, wie es für Protagonisten typisch ist, hat aber auch seine dunkleren Seiten. Er grübelt gern und oft, und steigert sich irgendwann dermaßen in seine Fantastereien, dass er sie dann problemlos als Grundlage für einen Seitensprung verwenden kann, wobei er eigentlich kein Typ zu solchen Allüren ist. Das Ganze ist mit guter Prise Humor dargeboten, sodass man es schmunzelnd wahrnimmt und dabei an Sketche von Loriot denkt. Die obligatorische Sexszene fehlt natürlich auch nicht, aber da kann man sich schieflachen. Sehr gekonnt dargestellt.
Man sieht auch deutlich, dass dieser Roman von einem Mann geschrieben wurde, denn diese Weltanschauung des Mannes, Beamten im Polizeidienst, Familienvaters mit zwei Kindern, all die typischen Eheprobleme, Ärger bei der Arbeit mit dem besten Kollegen und daheim beim Gift im Keller, etc. pp. ist plastisch wie hautnah vor Augen der Leser geführt worden und gewährt tiefe Einblicke in die Psychologie des Mannes.
Auch wie er sich an seinem Platz im Leben irgendwo im unteren Segment der Mitte, wo oben die Schönen und Reichen sind, die sich alles leisten können und unten die ganz Armen ohne jeder Hoffnung oder bessere Aussichten, eingerichtet hat und wie es ihm dabei geht, wie er sich dabei fühlt, wird im Laufe der Erzählung deutlich und regt sehr zum Nachdenken an.
Diese wachsende Kluft zwischen Arm/hoffnungslos und Reich/zweckoptimistisch/für alles bereit steht einem zum Greifen nah vor Augen und kommt recht realistisch rüber. Realistisch ist auch diese allgegenwärtige Gefahr des Abrutschens der Mittelschicht ins Mittellose, wenn man die Probleme im Keller des Kühnschen Hauses in Betracht zieht und welche Rolle dabei die Banken& Co. gespielt haben. Bis zum Verbrechen aus Verzweiflung, wie man es bei manchen Nebenfiguren sieht, ist da nicht weit.
Jan Weiler hat sein Werk selbst gelesen. Das ist ihm sehr gut gelungen. Alle Figuren haben ihre eigene Stimme, ihre eigene Art zu sprechen, was man auch deutlich heraushört. Weiler hat seine eigene Art vorzutragen und ist daran prima wiedererkennbar. Mir hat seine Darbietung sehr zugesagt. Ich höre gerne auch seine weiteren Hörbücher.

Fazit: Ein toller, spannender Roman, bei dem das Lustige und Ernste eng bei einander liegen, sehr gekonnt geschrieben, den ich sehr gern gehört habe, der mich köstlich amüsiert und zum Nachdenken angeregt hat. Es war mein erster Kühn, aber bestimmt nicht der letzte. Ich verbleibe auf die Fortsetzung gespannt und vergebe gern die 5 wohl verdienten Sterne und eine Hörempfehlung.