Goldene Zwanziger?

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martinabade Avatar

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„Schatten der Welt“ (2020), „Revolution der Träume“ (2021) und nun aktuell: „Labyrinth der Freiheit“. Alle drei Titel aus der Feder des bekannten Autors Andreas Izquierdo. Der Mann schreibt offensichtlich schnell und viel. Und sein neues Baby hat auch schon eine eigene Heimseite MIT Fotowettbewerb (www.schattenderwelt.de). Von Marketing versteht er etwas.

Als ich, als noch nicht Izquierdo-Fan, das Buch in die Hände bekam und feststellte, dass ich da Nr. 3 von drei, also das Ende einer Trilogie hatte, war ich ziemlich skeptisch. Nicht nur, weil ich Steinbock bin, und die Dinge gern von vorne beginne, sondern, weil ich natürlich auch die Befürchtung hatte, nicht alles richtig mit zu bekommen. Nun war aber Zeitdruck, also: Rein ins Vergnügen.

Das Setting ist das Berlin der 20er Jahre. Das scheint gerade Mode zu sein, siehe Kutscher und Co. Aber, die historischen Daten sind gut recherchiert, die Atmo ist stimmungsvoll eingefangen, warum also nicht. Wir treffen im Jahr 1922 auf drei junge Leute, die verschiedener nicht sein könnten. Da ist Carl, der auch die Erzählerrolle übernimmt. Ein zurückhaltender, besonnener Charakter. Carl ist Kameramann. Erst beim lustigen Lubitsch, nun bei dem förmlich besessenen Fritz Lang. In Babelsberg entsteht Dr. Mabuse. Vorbei ist es mit guter Laune während der Arbeit.

Dazu gesellt sich Luise von Torstayn, kurz Isi. Sie ist Anwältin und setzt mit Vorliebe für die Belange der kleinen Leute ein. Dies auch durchaus mal unkonventionell, um es vorsichtig auszudrücken. In diesem Band fällt ihr die Hauptrolle zu, denn bei einem Überfall, der sich offensichtlich gegen Freund Artur, den Dritten im Bunde richtet, verliert sie ihr ungeborenes Kind. Das birgt für einen Moment Courths-Mahler-Gefahr, aber der Autor rettet uns und stattet Isi mit einem mehr als gesunden Rachebedürfnis aus.

Artur ist ein in Berlin mehr als gefürchteter Gangster und nimmt diesen Anschlag äußerst persönlich. Und da ist sie wieder, die Personnage der Großstadt in den vermeintlich Goldenen Zwanzigern: Nutten, Dealer, Schläger, Nazis auf dem Vormarsch, Ringvereine, kriminelle Banden, geheime Verschwörungen und Netzwerke. In diesem Fall kommt Artur der Organisation Consul in die Quere.

Notgedrungen ist Izquierdo sparsam mit Bemerkungen über die Vergangenheit der drei; die einen wissen ja schon alles; den anderen will er die nachträgliche Lektüre nicht verderben. So bleibt bei den zum Leserkreis neu Hinzugekommenen manchmal ein Fragezeichen zurück. Ein ?, das schnell auftaucht und genau so schnell wieder verschwindet, denn der Autor schreibt auch für‘s TV im Comedy- und Seriensegment, und das ist deutlich zu spüren. Der Text ist sehr szenisch, das Tempo ist immer etwas rastlos, die Charaktere sind häufig entweder was drunter oder, das eher, deutlich was drüber.

Im Großen und Ganzen ein spannender, gut gebauter und süffig zu lesender Schmöker, der uns zu dieser Jahreszeit im Sessel oder auf dem Sofa festhält.