Rund 40 Jahre Eheleben und Weltgeschichte

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In Marie Benedicts Roman begleitet man Clementine Churchill und ihren Ehemann Winston durch fast vierzig Jahre ihres gemeinsamen Ehelebens, die politische Karriere von Winston Churchill und somit auch durch vierzig Jahre Weltgeschichte. Zwei Kriege, politische Herausforderungen und persönliche Schicksalsschläge prägen die gemeinsamen Jahrzehnte und den Roman. Auch wenn der Fokus des Buchs klar auf der weiblichen Hauptdarstellerin liegt, erfährt man viel über die wichtigsten Stationen Winston Churchills und die historischen Umstände. Auch in die gehobene Gesellschaft Großbritanniens bekommt man einen Einblick.

Lady Churchill ist eine interessante Persönlichkeit, für die damalige Zeit eine sehr ambitionierte und engagierte Frau, die sich ihren Platz an der Seite des Politikers Churchill selbstbewusst sucht und ihren Mann, maßgeblich für seine Karriere, wesentlich unterstützt. Am beeindruckendsten fand ich dabei die unumstößliche Überzeugung Clementines, dass die Eheleute zusammengehören. Auch wenn sie sich vermeintliche Kleinigkeiten manchmal sehr zu Herzen nimmt, verliert sie das große Ganze nie aus den Augen und ist sich der Verbindung zu ihrem Mann sicher. Die Kinder tauchen nur am Rande auf, es gibt wichtigeres als die Mutterrolle. Um die Führung des Haushaltes ist Lady Churchill vor allem aufgrund der repräsentativen Verpflichtungen bemüht und muss dabei nicht selten mit geringen Mitteln gut wirtschaften.

Die Kapitel sind tagebuchartig angelegt und werden aus Sicht der Ich-Erzählerin Clemmie erzählt. Dabei enthalten sie häufig Rückblenden, sodass man nicht nur etwas über den jeweiligen Tag, sondern oft auch über die Vergangenheit bzw. die Zwischenzeit erfährt. Die Zeitsprünge fand ich gut gewählt, sodass relevante Stationen abgedeckt sind, man nie den Zusammenhang verliert und trotzdem genug Alltag geschildert wird. Man bekommt einen detaillierten Einblick in Clementines Gefühlswelt, was manchmal dazu geführt hat, dass ich mir stellenweise als Gegengewicht ergänzend die Sichtweise ihres „Pug“ gewünscht hätte. Dieser äußert sich nur in gelegentlichen Dialogen zwischen den beiden.

Den Schreibstil der Autorin fand ich angenehm zu lesen, die Sprache ist eher gediegen – ohne dabei langweilig zu sein. Vereinzelt werden etwas exaltierte Worte verwendet. Auch wenn man poetische Highlights vergeblich sucht, bin ich der Erzählung gerne gefolgt und würde behaupten, dass man dieses Buch gut in Etappen lesen kann ohne den Anschluss zu verlieren.

Ein großes Manko an diesem Buch ist für mich die Gestaltung des Covers. Hätte mich nicht auf vorablesen.de die Leseprobe angesprochen, wäre ich in der Buchhandlung sehr wahrscheinlich daran vorbeigelaufen. Auf mich wirkt der Umschlag bieder und trist und durch die gewählten Farben wenig ansprechend. Ich finde auch, dass das Cover nicht so wirklich zur Persönlichkeit von Clementine passt, wirkt sie doch meist energiegeladen, selbstbewusst und zielstrebig. Etwas enttäuscht war ich auch von der Bindung des Buches, die nach zwei vorsichtigen Leserinnen bereits ausfranst.

Insgesamt kann ich für diesen historischen Roman eine Leseempfehlung geben. Ich denke er eignet sich als guter Einstieg, wenn man Lust hat, eher nebenbei ein bisschen mehr über Winston Churchill und die britische Politik in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu erfahren und dabei der Lebensgeschichte einer außergewöhnlichen Frau zu folgen.