Die ungarische Adelsfamilie von Lazar in den Wirren und Veränderungen des 20. Jahrhunderts

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Mit der Geburt von Lajos von Lazar am 06.01.1900 beginnt ein neues Zeitalter und dieser wunderbar poetische Roman begleitet die Familie in den nächsten ca. 55 Jahren, bis Lajos’ Kinder in die Schweiz emigrieren. Dabei erfahren wir zunächst recht viel über Sándor und Mária, Lajos’ Eltern, ihre Spleens und Eigenarten werden sehr ausführlich beschrieben und es macht Freude, sie bei ihrem alltäglichen und zum Teil langweiligen Leben zu begleiten. Während der Vater sich natürlich eine Geliebte nehmen darf, ist dies Mária streng untersagt, Gefühle werden nicht gezeigt. Und so wächst auch Lajos in einer relativen emotionalen Armut auf, die auch seine ältere Schwester Ilona nicht zu vertreiben vermag.
In den ersten Kapiteln spielt auch der Wald hinter dem Schloss eine Rolle, in der es unheimliche Gestalten geben soll, die Lajos’ Onkel Imre und auch seine Schwester holen wollen. Lajos’ Sohn Pista wird später auch das Gefühl haben, mit Schatten reden zu können. Doch je mehr sich die Welt verändert, um so mehr hält auch die Realität im Roman Einzug und das märchenhafte verschwindet zu Gunsten von Politik und Verfolgung. Dabei wird vor allem die Enteignung der Adelsfamilien und die Rolle Ungarns im zweiten Weltkrieg beleuchtet, Lajos selbst ist an der Deportation von Juden beteiligt und dies wird ihn bis an sein Lebensende verfolgen. Pista begehrt gegen seinen Vater auf und versucht, eine eigene Rolle in dieser Familie zu spielen, die nun kein so hohes Ansehen mehr hat. Eva geht ebenfalls ihren eigenen Weg, doch bleibt sie meiner Meinung nach eher blass. Wir erfahren über die Frauen der Familie (mit Ausnahme von Mária) leider nicht so viel, wie über die Männer.

Für mich war die erste Hälfte des Romans die deutlich stärkere, denn das Verweben von Handlung und Mystik in feiner poetischer Sprache ist durchaus eine Stärke des Buches. Zum Ende hin habe ich zwischen den Episoden manchmal den Zusammenhang verloren. Alles in Allem aber ein sehr erstaunlicher Roman dieses 22-jährigen Autors aus ungarischem Adel.