Eine andere Welt

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buecher_mit_chris Avatar

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Diese Familiengeschichte der ungarischen Adelsfamilie Lazar zieht sich von der Jahrhundertwende, über den Ersten Weltkrieg, Zweiten Weltkrieg bis zur Emigration.
Sie beginnt mit der Geburt von Lajos von Lazar, einem durchsichtigen, blassen Kind, das dem Baron nicht ähnlich sieht, da es ja auch nicht sein Sohn ist - aber darüber wird nie gesprochen.
Wir befinden uns mitten im Habsburgerreich, einer versinkenden Monarchie.
Alle Familienmitglieder, Sandor, der Vater, Maria, die Mutter, Ilona, die Schwester und schließlich auch Lajos, führen ein separates Leben, keiner ist eigentlich mit dem anderen verbunden. Sandor hat eine Geliebte, die Mutter und die Tochter lieben den Hauslehrer, doch nur eine wird zurückgeliebt, was in einer Katastrophe endet: Maria, Selbstmord durch Ertränken, Sandor, Schädelbruch nach Sturz unter Alkoholeinfluss. Und rasant geht die Familiengeschichte durch den 2. Weltkrieg und beschreibt, wie es dem ungarischen Adel unter der Herrschaft der Russen ergangen ist.
Unglaublich, wie der Autor diese düstere, rohe Atmosphäre beschreibt. Man blickt in Abgründe: Alkohol trinken, um sich zu betäuben, Ritzen, um sich zu spüren, sadistisches Quälen, um sich überlegen zu fühlen, Vergewaltigungen, sexuelle Phantasien und Wirklichkeiten.
Eine Welt, in der man Gefühle mit sich selbst ausmacht, oder mit dem Alkohol.
Durch das intensive Beschreiben dieser vergangenen, fremden, verstörenden Welt gelingt es Nelio Biedermann, uns die Welt des ungarischen Adels schmecken zu lassen. Umso großartiger, wenn man bedenkt, dass der Autor erst 22 Jahre alt ist.