Nächtliche Geheimnisse aufgedeckt

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Mal ehrlich, seid Ihr viel in der Nacht unterwegs? Gehört Ihr eher zu den Menschen, denen die Nacht sogar eher etwas Angst macht? Nun, das ist kein Wunder, wenn Ihr hier erste „nein“ und dann „ja“ gesagt habt. Denn wir Menschen sind nun mal Tagwesen. Unser ganzer Körper ist danach ausgerichtet, dass er Licht und am liebsten auch Sonne hat. Damit gehören wir aber zu einer Minderheit auf der Welt. Ja, es gibt viel mehr Wesen, die in der Nacht unterwegs sind, als am Tage und die natürlich ganz andere „Spezialitäten auf Lager haben“.

Das unterhaltsame Buch: „Lebendige Nacht – Vom verborgenen Leben der Tiere“ der Autorin Sophia Kimmig erzählt von dieser geheimen Welt, der „heimlichen Mehrheit“. Geschätzte „62% der Tierarten weltweit sind dämmerungs- bzw nachtaktiv“. Manche der im Buch vorgestellten Tiere kennen wir auch, sehen wir durchaus auch einmal am Tage, aber es ist doch eher selten, dass der Igel oder Marder im hellen Sonnenschein zu entdecken sind. Die Autorin fragt auch nach, wie viele Schmetterlinge und Falter wir aufzählen können, meist nennen wir die Namen der Tagfalter, sehr selten die der Nachtfalter auf. Dabei sind sie in der Mehrheit. Sogar manche Pflanzen haben sich darauf spezialisiert, sie leuchten anders im Dämmer- und Nachtlicht. Auch verströhmen sie dann oft erst ihren betörenden Duft. Wir können uns vielleicht denken, warum. So haben sie sich an die möglichen Bestäuber angepasst. Überall auf der Welt gibt es ganz besondere, nachtaktive Tiere mit exotischen Namen wie „Loris, Wickelbären oder Tenreks“, die lieber in der dunklen Hälfte unserer 24 Std. unterwegs sind. Und warum haben sich Tiere überhaupt auf die Nacht spezialisiert?

Viele, vorwiegend heimische Tiere, stellt und Sophia Kimmig vor. Natürlich auch meine geliebten Eulen. Oder Wesen, die „Licht ins Dunkel bringen“. Auch „Kupferglucke und Brauner Bär“ nehmen ihren Platz im Buch ein, genau wie Fledermäuse und Waschbären.

Immer wieder spickt Sophia Kimmig das Buch mit „Fun Facts“, besonderem Wissen: „Dunkle Schwingen. Je düsterer, desto gruseliger? Nein, je düsterer, desto gesünder. Das gilt zumindest für den Waldkauz, den es in einer helleren und einer dunkleren Gefiedervariante mit mehr Malanin gibt. Forscher untersuchten das Blut der Vögel auf Antikörperreaktionen und fanden heraus: Je dunkler das Gefieder der Eulen war, desto stärker fiel auch ihre Immunantwort aus und desto länger hielten sie die Antikörper. …“

Eine Aussage ist mir ganz besonders in Erinnerung geblieben in dem Artikel über Versteckte Farben. „Die Farben und Muster sind so vielfältig wie ihre Träger, und sie bleiben uns Menschen überwiegend verborgen. Im Gegensatz zu vielen Fischen, Vögeln und Insekten können wir im UV-Bereich nicht sehen. Es ist, als wären wir alle gehörlos in einer Welt voller kLänge. Ich finde, Fluoreszenz ist ein wunderschönes Beispiel aus der Natur davon, wie wenig wir auf unsere subjektive Meinung oder Sicht auf die Welt geben sollten…“

Und vielleicht machen wir es nach der Lektüre des Buches der Autorin gleich und wandern in der Dämmerung auf eine Waldlichtung. Natürlich ganz still und leise und niemanden störend. Dort schlagen wir ein kleines Lager auf, verkriechen uns in einen Schlafsack, um in die Sterne zu schauen, die so weit weg noch immer für uns leuchten, obwohl viele von ihnen vielleicht schon verloschen sind. Fernab von Straßenlaternen und Häusern lassen wir uns ein auf die Dunkelheit und das wenige Licht, was wir dann noch sehen, wenn sich unsere Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben. Und das, was wir vielleicht in der Nacht alles entdecken, nicht nur an die fernen Welten oben am Himmelszelt denken, sondern an die uns so unbekannten Wesen hier in der Dunkelheit (nach dem Buch hoffentlich nicht mehr so sehr). Mit all unseren Sinnen.

Das Buch liest sich wunderbar flüssig und unterhaltsam. Das ein oder andere hat man vielleicht schon einmal gehört, gelesen oder entsprechende Erfahrungen in seiner Umgebung gemacht, aber es gibt, zumindest für mich, ganz viel, eher unbekanntes Wissen in diesem Buch, und das interessant vermittelt.
Wer übrigens tiefer gehen möchte, die Autorin hat ihre Quellen aufgelistet.
Der Band ist bereits ihr zweites Buch, „Von Füchsen und Menschen“ wurde zu einem Bestseller.