Zu viele Geister für meinen Geschmack

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barbara62 Avatar

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Ich hatte mich sehr auf dieses kleine Büchlein gefreut, da die Gestaltung der sehr hochwertig hergestellten Klappenbroschur, die auch nach dem Lesen keinerlei Gebrauchsspuren zeigt, außerordentlich gut gelungen ist. Das Cover mit den federleicht schwebenden Blüten und der angenehmen Farbgebung passt sehr gut zum Titel und so hatte ich zunächst den Eindruck, eines "meiner" Bücher in Händen zu halten.

Die Japanerin Banana Yoshimoto, geboren 1964, erzählt in "Lebensgeister" vom beeindruckenden Kampf einer jungen Frau zurück ins Leben. Die Ich-Erzählerin Sayoko hat bei einem Autounfall ihren Lebenspartner verloren und wurde selbst schwer verletzt. Dabei wiegen die seelischen Wunden noch schwerer als die ebenfalls gravierenden körperlichen, denn der Künstler Yōichi war Sayokos große Liebe.

Konnte ich die Geister im ersten Teil der Geschichte, ihr verstorbener Großvater und ihr Hund, denen sie an der Schwelle zwischen Leben und Tod begegnet, noch gut akzeptieren, so sind mir die Geister von Verstorbenen, die sie nicht kannte und im zweiten Teil bei fortgeschrittener Heilung immer wieder sieht, zu viel geworden. Ob es daran liegt, dass mir jeglicher Sinn für Übersinnliches und Esoterik komplett abgeht? Auch die Menschen, die Sayoko neu kennenlernt, der Barkeeper aus ihrer Stammkneipe, in der sie jeden Abend trinkt, und der schwule Ataru sind mir fremd geblieben. Gut gefallen hat mir dagegen, wie Sayoko schließlich den Absprung aus der Wohnung ihrer liebevoll-besorgten Eltern schafft, ihr Verhältnis zu Yōichis Eltern, das dem einer Tochter sehr nahekommt, und das Bemühen um seinen künstlerischen Nachlass. Interessant fand ich auch das Bild des Nabels, den Sayoko verloren hat, und ihr Bemühen darum, ihn wieder zu finden.

Da ich bisher zu wenig japanische Literatur gelesen habe, kann ich nicht beurteilen, ob ich lediglich zu diesem Titel der Bestsellerautorin keinen guten Zugang gefunden habe, oder ob mir die Literatur dieses Landes generell fremd ist. An der Arbeit des Übersetzers Thomas Eggenberg hat es jedenfalls nicht gelegen, denn mit den vielen erklärenden Fußnoten hat er mich als japanunkundige Leserin bestens unterstützt.