Beängstigend realistische Zukunftsvision

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corsicana Avatar

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Deutschland im Jahr 2025:

Es gibt das bedingungslose Grundeinkommen, eine Regierung unter Beteiligung der BBB (Besorgte-Bürger-Bewegung, so eine Art AFD), eine Innenministerin namens Wagenknecht, eine Kanzlerin Namens Regula Freyer (Angela Merkel ist schon vor 8 Jahren zurückgetreten - anlässlich erzwungener Neuwahlen!), Europa zerfällt, die UNO auch, Putin und Trump haben sich verbündet und die Deutsche Regierung schafft so langsam die Demokratie ab.

Die Menschen haben sich im Nicht-Politischen Leben eingerichtet und die meisten würden ihr Wahlrecht jederzeit gegen eine Waschmaschine eintauschen.

Britta und ihr Kollege Babak haben sich in diesem Umfeld mit einer Psychotherapie-Heilpraxis eingerichtet, die sich um Suizidgefährdete kümmert. Und die Praxis läuft sehr gut und hat sie reich gemacht. Aber was genau ist das Erfolgsrezept der Praxis? Und wie kommt es, dass Britta sich neuerdings verfolgt fühlt?

Juli Zeh erzählt wie immer spannend und so realistisch, dass man sich alles bildlich vorstellen kann. Leider. Denn diese Zukunftsvision ist alles andere als erfreulich. Aber nur allzu wahrscheinlich.

In erster Linie wirkt das Buch auf mich weniger als Erzählung sondern eher als Warnung. Vielleicht kann man sagen, eine Warnung in literarischer Form. An alle, die die aktuellen Tendenzen in Deutschland nicht wahrnehmen, nichts unternehmen, sich nur beschweren und nur protestieren. Denn dann könnte es wirklich so kommen, wie es im Buch beschrieben wird. Aber eventuell würden es die meisten Menschen gar nicht so schlimm finden?
Diejenigen nämlich "...die seit Jahrzehnten mit ihrer Mißgunst und Kleinkariertheit an den Fundamenten der Demokratie graben. Die das Internet in eine Schlammschleuder verwandelt haben, die nur glücklich sind, wenn sie auf andere herabschauen können. Die sich und ihre kindischen Bedürfnisse über alles stellen. Die lieber simplen Verschwörungstheorien glauben, als sich mit der komplizierten Wahrheit auseinanderzusetzen. Die ständig fordern, dass sich etwas ändern muss, und durchdrehen, wenn jemand Vorschläge macht. Deren Undankbarkeit nur von ihrer Egozentrik übertroffen wird (....) Jener Bodensatz aus schlecht gelaunten Postdemokraten, die erfolgreich dabei sind, die größte zivilisatorische Errungenschaft der Menschheitsgeschichte ihren persönlichen Minderwertigkeitskomplexen zu opfern" (s. 313).

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Außer vielleicht, dass "Leere Herzen" nicht so ausgefeilt ist, wie der bisher größte Erfolg von Juli Zeh "Unterleuten". Dort waren die Charaktere vielfältig und vielschichtig. Bei diesem Buch hier entsteht kaum Nähe zu den Personen, sie sind eben weitgehend "leer".