Ein beklemmend schönes Buch

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kleine hexe Avatar

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Deutschland in naher Zukunft. Das Land wird von „BBB“ regiert, die „Besorgte Bürger Bewegung. Peu a peu werden alle demokratischen Grundzüge der Bundesrepublik, wie wir sie kennen, außer Kraft gesetzt. Dies geschieht nicht auf einmal und mit brachialer Gewalt, sondern mittels sogenannter „Effizienzpakete“: um Steuern zu sparen werden die Regierungen der Bundesländer ausgeschaltet, von fünf Bundesrichtern bleiben nur drei, die Polizei erhält immer weitere Befugnisse, kritische Zeitungen werden geschlossen, usw. Und die Bürger akzeptieren das, freuen sich, dass nun Steuern gespart werden können und merken nicht, wie sie in eine Diktatur abdriften.
Das ganze Geschehen wird von Britta und Babak aufmerksam beobachtet. Sie haben eine Heilpraxis gegründet, die „Brücke“, vordergründig um Selbstmörder von ihren Depressionen zu heilen. Aber wenn sie trotz Therapie, Klinikaufenthalt, Medikamenteneinnahme, Folter (water boarding) und Scheinexekutionen auf ihren Selbstmordgedanken beharren, so helfen Britta und Babak den Selbstmördern ihrem Tod einen Sinn zu geben. Sie kontaktieren diverse politische Gruppierungen, wie die PKK, die Grünen, die Rechten, die Tierschützer, die IS, Dschihadisten, oder andere, vermitteln ihnen den Selbstmörder, und kassieren dafür Geld. Einzige Bedingung ist, dass möglichst keine zusätzlichen Menschen, außer den Selbstmördern dabei ums Leben kommen. Klingt zynisch? Ist es auch. Und gerade wie diese Pläne umgesetzt werden und was alles schief gehen kann, macht die Spannung dieses so anders gearteten Thrillers aus.
Juli Zeh bedient sich einer sehr präzisen Sprache, die die Thematik auf den Punkt bringt: „…“In einer Welt aus Widersprüchen lässt sich nicht gut denken und reden, weil jeder Gedanke sich selbst aufhebt du jedes Wort sein Gegenteil meint. Zwischen Paradoxien findet der menschliche Geist keinen Platz… In einer solchen Welt kann man gegen politische Gewalt sein und ein Unternehmen wie die Brücke führen. „ (S. 276-277). Andererseits bedient sich Juli Zeh wunderschöner Bilder wenn sie über nicht Politisches spricht: So, z. B. sind Babies „eine Tüte Geschrei im Arm“, oder das Sonnenlicht ist „Wie hellgelber Chiffon … auf den glatten Flächen der Möbel…“
Der Zusammenhang zwischen Buchinhalt und Titelbild erschließt sich erst nachdem man das Buch gelesen hat. Ich möchte das an dieser Stelle nicht verraten, nur soviel, dass es mit Babaks Zeichnungen zu tun hat.