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regenprinz Avatar

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Ich schätze an den Büchern von Juli Zeh nicht nur die geschliffene Sprache, sondern vor allem auch die scharfe Beobachtungsgabe der Autorin. Das hat mir damals besonders an "Unterleuten" sehr gut gefallen.

Vergleichbar treffend und mitunter schmerzhaft halten auch die Figuren in "Leere Herzen" der Gegenwartsgesellschaft den Spiegel vor - nur dass es hier plakativ mit "Da. So seid ihr." bereits VOR dem Roman steht.
Eine gewollte Provokation? Vielleicht. Ich persönlich mag diese Art der Selbsterhöhung nicht. Eine Formulierung, die eigene Fehler und Schwachpunkte mit einschließt wie z.B. "Da. So sind wir." hätte mir wesentlich besser gefallen. Aber so sind es wohl immer bloß die anderen, die ihr Wahlrecht gegen eine kostenlose Waschmaschine eintauschen würden oder deren menschliche Moral zu wünschen übrig lässt ...
Die Einblicke in Brittas Familienleben und Freundeskreis untermauern das Ganze mit passenden Details. Ansonsten ist das Buch in der Tat ein gelungener Mix aus Polit- und Psychothriller.
Den Handlungsinhalt fand ich sehr spannend geschildert und die Grundidee zur Geschichte - das wahre Tätigkeitsfeld der Agentur von Britta und Babak - ist wirklich originell.
Hier wird Gegenwartsgeschehen konsequent zu Ende gedacht und vieles, das aktuell schief läuft, zu Recht angeprangert. Ich hätte es mir stellenweise nur ein bisschen subtiler gewünscht mit der Gesellschaftskritik.

Insgesamt aber auf alle Fälle ein temporeiches, klug konzipiertes und lesenswertes Buch - zu einer aktuellen Thematik und darüber hinaus. Den Holzhammer hätte es meiner Meinung nach dabei gar nicht gebraucht.