Gewalt ist falsch. Egal, zu welchem Zweck

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anneteekanne Avatar

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Das Cover:
Ein schlichter weißer Schutzumschlag mit einzelnen schwarzen Punkten. Interessant finde ich den Kontrast, das das Buch unter dem Schutzumschlag (gebundene Ausgabe) komplette schwarz ist und die Innenseiten blutrot.

Zum Buch:
Deutschland im Wandel, Deutschland unter Kontrolle.
Britta Söldner und Babak Hamwi führen eine gut gehendes Geschäft.
Sie vermarkten Selbstmordattentäter. Sie sind Monopolisten und alle beteiligten Parteien sind glücklich. Doch plötzlich ist etwas anders. Plötzlich sind da zwei Attentäter, die eine sehr geringe Tendenz haben. Die sehr deletantisch vorgehen. Die nicht von Britta und Babak stammen. Wer mischt sich in ihr Geschäft ein? Die beiden rüsten sich zum Gegenangriff.

Meine Meinung:
Der neue Roman von Julie Zeh überrascht mit einer nicht weit entfernten und auch ziemlich realistischen Zukunft. Der Anfang des Buches ist durch Schweigen geprägt. Britta und Babak führen ihr Geschäft in der Stille. Sie haben kaum Kontakt, es ist alles organisiert, dadurch erfährt der Leser auch nur in Brocken, worum es geht, was passiert ist. Denn nebenbei wird auch das monotone, kontrollierte, organisierte Leben des Durchschnittsbürger erklärt.
Zitat Seite 155: "Das blonde Haar zu kurz, um zu gefallen zu wollen. Mittelgroß, mittelschlank, eine Frau ohne Laster oder leidenschaften, die in Maßen isst, in Maßen liebt, in Maßen Sport treibt. Gelebter Durchschnitt, und so wird es weitergehen, ein auf gerade Linie gelebtes Leben, bis zum Schluss."

Britta selbst sieht sich auch so, sie will nicht auffallen, aber sie weiß, das sie gut verdient und auch über dem Durchschnitt lebt.
Aber sie ist auch der geheimnisvolle, überhebliche Character in diesem Buch. Ihr Partner ist ihr dankbar, weil sie ihm das Leben gerettet hat, sie selbst nutzt es aus, aber ich denke mehr unbewußt. Sie ist das alphatier in allem, was um sie rum läuft.
Zitat Seite 184
"Die Brücke hat den Terroranarchismus beendet. Es gibt feste Absprachen und kontrollierte Opferzahlen. Nach und nach hat sich die Branche auf diese Geschäftsmodell eingelassen."

Das Geschäftsmodell, eine nette Idee. Der Satz "das Geschäft mit dem Tod" gab es oft und auch als Britta der Kandidatin Julietta erklärt, was bei ihnen läuft, hört den Stolz in Britta Stimme. Die Kandidaten zeigen ihre Dankbarkeit und Britta und Babak können gut davon leben.
Zitat Seite 113:
"Die Kandidaten der Brücke haben keine Ziele, sondern leiden unter deren abwesenheit. Wer Ziele hat, will sich nicht umbringen. Die paar wenigenm die die Evaluierungbestehe, sind am Ende dankbar, einer Bestimmung zugeführt zu werden."

Und trotzdem verändert das dilletantische Attentat einer fremden Gruppe alles. Babak und Britta machen mobil und spielen ihrem Gegner damit unwissendlich in die Hände.
Das Ende ist etwas langatmig, aber es spricht für Brittas Job, man braucht Geduld einen langen Atem, um etwas bewirken zu können.

Und ja, Brittas Freundin Janina bringt es auf den Punkt
"Wir sind uns völlig einig, Britta. Gewalt ist falsch. Egal, zu welchem Zweck." (Zitat Seite 211). Vielleicht sollten wir das in unsere leeren Herzen aufnehmen.

Fazit:
Schnell und gut zu lesen, eine gruselige Zukunft