Außenseiter

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Kommissar Eschenbach kehrt nach einer dreimonatigen Auszeit auf Kommissariat zurück. Dass ihm deswegen rote Teppiche ausgerollt werden, hat er gar nicht erwartet, dass aber seine Vertretung Ivy Köhler jetzt auch noch seine Stellvertreterin wird geht ihm gehörig gegen den Strich. Erschwerend kommt hinzu, dass sie den Tod eines Wissenschaftlers sofort als Selbstmord einstuft und sämtliche Ermittlungen boykottieren will. Eschenbachs Neugier ist geweckt. Der Tote, Walter Habicht, hat keine Bekannten, Verwandten oder Freunde. Eine Assistenzprofessur an der Uni Zürich ist ein Hinweis, aber kaum will Eschenbach diesem Hinweis nachgehen, wird er ausgebremst. Die Bundesstaatsanwaltschaft hat sich eingeschaltet und verhindert die Herausgabe von Informationen seitens der Universität. Nur eins kann Eschenbach noch herausfinden, der Tote war wohl aktiver Teil eines Terrornetzwerkes. Das ist alles höchst mysteriös.
Unterdessen erweist Edward Lenz, langjähriger Kollege und Freund Eschenbachs, einem anderen Freund einen großen Freundschaftsdienst. Lenz möchte doch bitte einer gemeinsamen Freundin, die Lenz jedoch vor über vierzig Jahren das letzte Mal sah, ein Päckchen nach Deutschland überbringen. Lenz soll sich dabei an einen bestimmten Zeitplan und eine bestimmte Reiseroute halten. Für eine lange Zeit verschwindet Lenz von der Bildfläche und Eschenbach kann ihn nicht erreichen. Dabei ist die Lage etwas heikel, denn Eschenbachs Nachforschungen haben ergeben, dass Lenz ein Kommilitone Habichts war. Standen sie eventuell noch in Verbindung? Für Ivy Köhler wird Lenz jetzt zum Hauptverdächtigen.


„Die Wahrheit – sofern sie sehr unwahrscheinlich erscheint – glaubt einem niemand. Sie ist besser als jede Lüge.“

Es ist mein erster Krimi von Michael Theurillat und so brauchte ich ein wenig Zeit, um mich mit seinem Schreibstil vertraut zu machen. Kurze prägnante Sätze, Dialoge denen zu folgen für mich nicht immer ganz einfach waren, unterbrochen von großzügigen Absätzen. Die Gewöhnungszeit nahm ungefähr ein Drittel des Buches ein, dann hatte ich mich mit allen Haupt- und Nebenakteuren bekannt gemacht. Erleichtert haben dies der stetige Spannungsaufbau und die ungemein interessante Entwicklung der Story.
Lenz ist in meinen Augen kein klassischer Krimi, denn hier liegt der Fokus eindeutig auf einer politischen Abhandlung über den Bürgerkrieg in Syrien, seine Entstehung, die Rolle der westlichen, östlichen und nahöstlichen Staaten und seine Auswirkungen auf den weltweiten Terrorismus. Auch die mediale Manipulation wird thematisiert.
Michael Theurillat ist nicht der erste Autor, der den Syrienkonflikt aktiv in seine Handlungen einbezieht. Für mein politisches Verständnis ist er jedoch der Erste der in seinen Aussagen der Wahrheit ziemlich nahe kommt.
„Im Syrien-Krieg geht es weder um Religion noch um den eruptiven Aufstand eines Volkes gegen seinen Herrscher. Das ist alles Mumpitz. Demokratisierungsüberlegungen spielen dabei genauso wenig eine Rolle wie der Terrorismus per se…….Beim Konflikt in Syrien geht es im Wesentlichen um die Versorgung Europas mit Erdöl und Erdgas, um die Vormachtstellung Russlands in dieser Sache und um das Interesse einiger Golfmonarchien und der USA, hier ein Wörtchen mitreden zu wollen.“

Fazit: Ein fast politischer Krimi mit einer sehr realistischen Abhandlung.