eine ansprechende sprache, aber zum ende hin wird es zu vorhersehbar

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blätterwald Avatar

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Ein leises Buch, eines von der Sorte, die ich ab und an sehr gerne lese und bis zur Hälfte fand ich mich auch bestätigt. Aber dann ließ das Buch für mein Empfinden nach.
Ein gut geschriebenes Buch haben wir hier, mit zwei starken Protagonisten, Leo und Dora. Der jüdische Schriftsteller Leo reist, organisiert von seiner Agentin Alma, Ende der 1940er Jahre von Israel in die Staaten. Durch einen Brand ändert sich die Lage und Leo muss woanders seinen geplanten Aufenthalt verbringen, nämlich in einem von Dora geführten Hotel.
Leo grantelt und fremdelt und das wird von der Autorin sehr bildlich dargestellt. Ihr Umgang mit ihren Figuren ist recht vorbildlich. Man sieht sie alle vor dem geistigen Auge. Und auch die Schreibblockade von Leo wird sehr gut thematisiert. Ebenso, wie Leo mit dem jungen Angestellten, Anton, umgeht. Man mag Leo unsympathisch finden, aber glaubwürdig. Gleichzeitig bekommt der Leser einen Hauch von Geschichte serviert. In Form des neuen Staates Israel, Leo denkt oft an diese Situation, wohnt er doch in Tel Aviv, nachdem er Wien verlassen hat. Auch einen Hauch von Krieg und dem Eingreifen der Staaten findet seinen Platz. Der Background passt zur gesamten Handlung des Buches, das ist stimmig. Vieles wird oft nur angerissen, da würde man als Leser gerne mehr erfahren. Gerade die Beziehung von Leo zu seiner Tochter, die ja doch viel Raum einnimmt, ist sehr interessant. Verwebt sich dort doch Privates und Geschichte.
Doch zum Ende hin nimmt die durch die Handlung bestimmte Richtung an Fahrt auf und da beginnt dieses doch schöne Buch für mich zu schwächeln. Es wird mir zu vorhersehbar. Wo man sich bei Kafka oftmals mehr Optimismus gewünscht hätte, wird es, so es bei anderen Autoren eintritt, schnell schal. Ich hätte mir zum Ende hin doch etwas Unerwartetes gewünscht, etwas, was zwar in der Handlung begründet liegt, aber nicht so offensichtlich war. Das sich alles so schön löst, ist schön und es sei den Figuren auch gegönnt. Vielleicht lag meine Erwartung auch zu hoch. Ein Buch, welches sich gut liest, eine schöne Sprache, knapp, aber bildhaft. Perfekte Urlaubslektüre.