Reife Liebe

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hennie Avatar

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„Leo und Dora“ handelt in erster Linie von Leopold Perlstein. Er ist die Hauptfigur in dem Roman, der im Sommer 1948 spielt. Leo, ein einstmals erfolgreicher Wiener Schriftsteller, lebt schon seit zehn Jahren als Exilant in Palästina. Doch es gelingt ihm nicht in seiner neuen Heimat Fuss zu fassen, geschweige denn ein Buch zu schreiben. Deshalb folgt er dem Rat seiner Agentin Alma und fährt nach Amerika. Er soll in deren Landhaus im kleinen Ort Sharon in Connecticut den Sommer verbringen und seine Schreibblockade überwinden. Aber es soll anders kommen! Das gesamte Anwesen brannte in der Nacht vor seiner Ankunft ab und Leo muss notgedrungen mit dem Gästehaus Roxy vorliebnehmen. Das Roxy empfindet er sofort mit allem als Zumutung, einschließlich Dora, die das Haus führt. Aber ausgerechnet dieser Ort und diese Frau wird sein Leben verändern.

Für dieses Buch interessierte ich mich wegen der hübschen Illustration auf dem Cover. Die beiden Vögel, wie sie sich einander zuwenden, fand ich schön und auch ein wenig altmodisch. Nachdem ich die Geschichte gelesen habe, finde ich es passend.

Der Roman beschreibt in unaufgeregter, beschaulicher Weise die bewegten Lebensläufe von Leo und Dora. Agnes Krup stellt ihre Personen mit detailgetreuer Genauigkeit dar. Das verfolgt sie bis in die Nebencharaktere hinein. Als Beispiel führe ich hier die schwäbelnde Köchin Kniffel an. Ich konnte mir die Menschen in ihrer Charakterisierung gut vorstellen. Leo ist zu Beginn ein mürrischer grießgrämiger Mann, der die Geselligkeit des Ortes vergeblich zu vermeiden sucht. Ob er will oder nicht, er muss sich irgendwie arrangieren. Beim Strohmandeln (ein Kartenspiel aus dem österreichischen Zweig der Tarock-Familie für zwei Spieler) mit Dora beginnt er langsam „aufzutauen“.
Mir hat die ruhige, feinsinnig und mit hintergründigem Humor erzählte Geschichte gut gefallen. Allerdings kommt sie ohne große Gefühlsausbrüche daher, obwohl beider Vergangenheit voll von Dramatik ist.

„Leo und Dora“ zeigt vor allem in charmanten Ereignissen, wie Liebe auch jenseits der Jugendjahre noch wunderschöne Wendungen ermöglicht. Alles wird erreichbar, wenn man es zuläßt.