Es wird empfohlen, dieses Buch zu beachten

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angie99 Avatar

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Wo sich ein Großteil der zeitgenössischen Literatur mit Identitätskrise, Migration und Rassismus, Macht und Missbrauch, Traumata und Vergangenheitsbewältigung beschäftigt, umschifft dieses Buch solche Themen weitestmöglich und konzentriert sich auf ein wenig beschriebenes Phänomen:
Gutmenschen.
Menschen mit Herz.
Menschen wie Paul: „Wie du weißt, halte ich es mit Hippokrates: Ich möchte niemandem Schaden zufügen. Mir ist es lieber, mich im Hintergrund zu halten. So ähnlich wie bei der Verkehrserziehung: Ich warte erst mal, schau gut hin und höre zu, bevor ich loslege. Das hat bis jetzt immer gut funktioniert und mir einen friedlichen Umgang mit meinen Mitmenschen beschert. Es ist auf jeden Fall besser, als auf der Welt Spuren zu hinterlassen, die sie am Ende nur verunstalten.“ (S. 30)
Tönt langweilig? Ist es auch.
Fast.
Hessions augenzwinkerndem, liebevoll beobachtenden und philosophisch angehauchten Schreibstil ist es zu verdanken, dass die Geschichte um Paul und seinem besten Kumpel Leonard zu einem sympathischen Lesevergnügen wird, obwohl sie nicht mit Hochspannung und komplexem Plot punkten kann.
Man könnte ihm anderes vorwerfen: eine arg idealisierte Familie zum Beispiel, eine sich zu oberflächlich entwickelnde Liebesgeschichte, einige unwichtige Details.
Doch trotz dieser Kritikpunkte kann man sich dem Charme seiner leicht skurillen Hauptfiguren nicht entziehen. Man ist einfach gerne bei ihnen. Hört ihnen zu, wenn sie sich während des Yahtzee-Spiels über das schrumpfende Universum unterhalten. Ist froh, keine Hochzeit planen zu müssen. Sieht zu, wie Leonards Römer sich in seinem Kopf selbständig machen. Leidet mit, wenn nicht alles läuft, wie die Protagonisten es sich erhofft haben und freut sich mit ihnen über ihre Entwicklungen.
Leonard und Paul.
Gutmenschen.
Menschen mit Herz.
Umgeben von herzlichen Freunden und Familien, die Geborgenheit schenken.
Fast hätte man vergessen, dass es sowas noch gibt.
Hession erinnert uns daran, dass auch solch unspektakuläre Leben es Wert sind, einen Roman darüber zu schreiben. Dass solche leisen und unspektakulären Menschen vielleicht keinen Trubel auslösen und keine breiten Schneisen schlagen, dafür aber Oasen der Ruhe und Zufriedenheit schaffen.
„Leonard und Paul“ ist kein perfektes Buch, aber ein alltagsrelevantes, menschliches Buch.
Deshalb wird wärmstens empfohlen, dieses Buch zu beachten.
Und die (Rück-)Besinnung auf so simple Werte wie Freundschaft, Bescheidenheit, Zusammenhalt und das Glück in den kleinen Dingen: Sie sind mir 5 Sterne wert.