Humorvoller Eskapismus

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johannaberger Avatar

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Es passiert fast nichts. Zwei Freunde in den Dreißigern treffen sich oft und gern zum Spieleabend. Der eine, Hungry Paul, wohnt noch bei seinen liebevollen Eltern und hat eine Schwester, die sich auf ihre Hochzeit vorbereitet. Der andere, Leonard, hat gerade seine Mutter verloren und lebt allein. Er schreibt als Ghostwriter Texte für Kinder-Enzyklopädien und hofft, das Herz einer Kollegin zu gewinnen. Paul verdingt sich immer dann montags als Aushilfspostbote, wenn die regulären Briefträger ihren Wochenendrausch ausschlafen müssen. Sonst nimmt ihn seine Mutter auf ihre Wohltätigkeitsbesuche im Krankenhaus mit, wo er einer Patientin gern still die Hand hält. Ein Höhepunkt ist der Gewinn eines Preisausschreibens. Er wird für die beste Formulierung der Grußworte geschäftlicher Mails geehrt (s. u.). Ein anderes Highlight ist die Hochzeit der Schwester.

Freundschaft und Harmonie werden gefeiert. Das ist aber nicht kitschig, sondern oft richtig witzig erzählt. Nur ab und zu ein bisschen langweilig und ausufernd (etwa über die Ex-Freunde der Schwester). An den besten Stellen hat mich Pauls Geschichte an Adrian Mole und sein „Secret Diary“ erinnert. Manchmal dachte ich auch an Mr Bean.

Es ist Eskapismus pur: keine Klimakrise, keine politischen Wirrnisse, keine gesellschaftlichen Identitätsdebatten, keine wirklichen Konflikte. Kein Wunder, dass es letztes Jahr für verschiedene hochrangige Preise nominiert war.

Insgesamt ein nettes Buch. (Gelesen in der englischen Version: "Leonard and Hungry Paul".)

„You may wish to note the above.”