tiefgründig und ruhig

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sandraslesewelt Avatar

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In diesem Buch lernen wir Leonard und Paul kennen, zwei introvertierte Männer in ihren 30ern, die beide noch zu Hause wohnen. Leonards Mutter stirbt direkt zu Beginn des Buches, was bei ihm ganz langsam einen Stein ins Rollen bringt. Bei Paul sieht es anders aus. Mutter und Vater leben beide noch und betütteln ihn, als ob er noch ein Kind wäre. Zwar versucht die Mutter ihm immer wieder kleine Aufgaben zu geben, aber auch hier wird deutlich, dass es eigentlich nur die Aufgaben sind, die er bereits als Kind hatte. Paul ist ein noch weniger gesprächiger Mensch als Leonard, dies wird besonders bei seinen freiwilligen Krankenbesuchen im Krankenhaus deutlich, wo es im schwer fällt sich mit Menschen zu unterhalten, er aber problemlos eine Stunde neben jemandem Sitzen und dessen Hand halten kann. Lediglich Pauls Schwester sieht ein Problem in Pauls Lebensstil und dem Verhalten ihrer Eltern. Sie versucht alle Beteiligten darauf aufmerksam zu machen, hauptsächlich jedoch, da sie davon ausgeht, dass in Zukunft die Pflege der Eltern sowie dann auch das Sorgen für ihren Bruder an ihr hängen bleiben wird und sie sich somit keine eigene Zukunft aufbauen kann.

Leonard fand ich durchweg sehr sympathisch. Ja, er ist sehr ruhig, aber er versucht zumindest sein Leben selbst zu lenken und es auch zu verändern. Er ist anderen gegenüber durchaus offen und steht auch dazu, dass er in gewissen Lebensbereichen noch unerfahren ist oder nicht wirklich weiß, wie er sich verhalten soll.

Paul dagegen hat mir ein zwiespältiges Gefühl gegeben. Ihn konnte ich nicht richtig einschätzen. Möglicherweise handelt es sich bei ihm um einen Autisten, aber das wurde nirgends so gesagt. Für mich machte er oft einen bequemen Eindruck und wollte keine Veränderung, da dies ja auch mit Einsatz von seiner Seite verbunden gewesen wäre. Zwar nimmt er am Ende der Geschichte ebenfalls die ersten Zügel seines Lebens in die Hand, aber auch hier bin ich nicht so sicher, wohin ihn diese wirklich führen werden und wie unabhängig er dadurch wird.

Mit Pauls Schwester konnte ich durchaus mitfühlen. Sie steckt mitten in ihren Hochzeitsvorbereitungen, möchte sich eine Zukunft aufbauen, sieht aber immer dieses große Kind, das ihr Bruder in ihren Augen zu sein scheint, vor sich, für den sie irgendwann wird sorgen müssen, wenn die Eltern ihn nicht vorher dazu bringen auf eigenen Beinen zu stehen. Sie wird zu einem Zeitpunkt auch sehr emotional und ich konnte ihre Reaktion durchaus nachvollziehen.


Fazit:
Alles in allem war dies ein sehr ruhiges Buch, aber man kann nicht sagen, dass es so vor sich hin plätscherte. Es war durchweg interessant geschrieben und ich fühlte mich gut unterhalten.