Seziergespräche

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schneespur Avatar

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Oberkommissarin Fariza Nasri vom Dezernat für Gewaltdelikte und ungeklärte Todesfälle ist nicht die Art KommissarIn, der am Tatort unterwegs ist, die Waffe zückt und auf Verfolgungsjagd geht. Frau Nasri unterhält sich. Sie führt Befragungen von Zeugen und Menschen aus dem Umfeld der Opfer durch. So auch im Fall der verschwundenen Schülerin Finja. Frau Nasri spricht mit dem Freund der Mutter von Finja, Herrn Barig. Ruhig, höflich, kontrolliert, vertrauensvoll. Es sind Kleinigkeiten an dem Verhalten und den Worten von Herrn Barig, an dem Fariza Nasri schließlich festmacht, dass Herr Barig lügt.

„Letzte Ehre“ von Friedrich Ani beginnt mit dem Versuch den Fall der vermissten Finja aufzuklären. Wie bereits angedeutet, ist dies kein Action-Krimi, sondern der Fokus liegt eher auf den Gesprächen und psychologischem Feingefühl. Fariza Nasri unterhält sich, um zu verstehen, was tatsächlich vorgefallen ist. Dazu ist sie gerne freundlicher, höflicher, entgegenkommender als sie es sonst vielleicht wäre. Geschickt geht sie auf ihr Gegenüber und seinem Ton ein und versucht so Vertrauen zu schaffen und ihm Informationen zu entlocken.

Besonders die Befragungen haben mir sehr gut gefallen. Zunächst sind die Gespräche natürlich eher allgemein, vielleicht oberflächlich, man lernt den Zeugen oder den Befragten in groben Zügen kennen oder zumindest so wie er oder sie sich gibt. Durch die Nachfragen oder Bemerkungen von Frau Nasri jedoch zeigt das Gegenüber nach und nach weitere Facetten und Verhaltensmuster und der eigentliche Charakter der Person wird langsam freigelegt. Gleichzeitig taucht man tiefer in die Sphären der Gewalt der Fälle ein.

Die Handlung wird vor allem durch die Gespräche vorangetrieben, zwischendurch werden Erinnerungen oder Begebenheiten aus Nasris Leben beschrieben, die zumeist auch recht düster sind und sich in die dunkle Atmosphäre des Romans gut einfügen.

Ein kleines Manko an dem Roman war für mich, dass sich eine Nebenhandlung wohl auf einen vorherigen Roman bezieht und ich diese nicht vollständig verstanden habe. Insgesamt war „Letzte Ehre“ für mich ein hochspannender Roman, den ich sehr gerne gelesen habe.