Hoffnungslos, aber nicht ernst

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emmmbeee Avatar

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Die dominante Mutter Frances würde im Geld schwimmen, wenn sie damit umgehen könnte. Aber sie verprasst ihre Güter, zusammen mit ihrem Sohn Malcolm. Der ist offenbar zufrieden damit, faul daheim herumzuhängen. Als Frances' Ehemann vor Jahren einem Herzinfarkt erlegen war, ist sie zwar sehr gleichgültig mit dieser Tatsache umgegangen, will aber trotzdem Kater "Kleiner Frank" als Reinkarnation ihres Mannes sehen. Dass sie ihn lieblos behandelt, scheint ein weiterer Widerspruch. Als nun kein Geld mehr da ist, sieht Frances ihre letzte Rettung im Apartment ihrer Freundin Joan in Paris.
Die Personen sind ziemlich überzeichnet und über weite Strecken keineswegs sympathisch. So wird Malcolm als Kleptomane und bindungsscheues Muttersöhnchen beschrieben, Frances tritt selbstbezogen und exzentrisch auf. Die beiden stolzieren hocherhobenen Hauptes über die Trümmer ihrer Existenz. Ihr Kater "Kleiner Frank" darf gnädigerweise mitmachen. Wobei er manchmal auch eiskalt vor die Tür gesetzt wird. Hauptsache, die schnöde Welt kann mit der linken Hand regiert werden und belangt das seltsame Gespann nicht weiter.
Die Pariser Nachbarin und mit ihr weitere Personen verhalten sich so, wie es im realen Leben kaum vorkommt. DeWitt spielt mit Klischees, und keine seiner Figuren scheint das zu sein, was wir als "normal" bezeichnen. Einzig Malcolms stand by-Verlobte Susan beginnt vernünftig zu handeln. Groteske, aberwitzige Situationen, die das Mutter-Sohn-Duo mit stiff upper lip absolviert, reihen sich aneinander. Ein aufmerksamer Leser entdeckt viel Amüsantes, zumal sich in Paris so manches ins Gegenteil verkehrt.
Patrick deWitt serviert alles in einem Ton grösstmöglicher Gelassenheit, was auch immer geschehen mag: englischer Humor im Roman eines Kanadiers (dessen Fotos ihn durchaus britisch aussehen lassen) mit niederländischem Namen bei Schauplätzen in New York und Paris.
Die ungewohnte Sprache könnte schon verwirren mit oft seltsamen Ausdrücken (Sie machte ein Gesicht wie Schulterzucken; schmutziges Feuer; Malcolms Knochen brannten vor Müdigkeit) und mit zwischendurch scheinbar sinnlosen Aussagen. Vielleicht liegt es am Übersetzer Andreas Reimann, dessen Translationspraxis laut Internet sich erst auf zwei Bücher beläuft. Insgesamt ein origineller Sprachstil, aber eben: Die Geschmäcker sind verschieden.
Der Titel ist trügerisch, denn er weckt Hoffnungen, aber Rettung gibt es wohl keine. Das Coverbild hingegen könnte treffender nicht sein. Ich kann mir kein anderes vorstellen.