Eine mitreißende Familiengeschichte ohne Kitsch

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madame klappentext Avatar

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Inhalt: Das Leben der Familie Wilf ist unterteilt in ein Leben vor und nach dem Unfall, den die Kinder der Theo und Sarah verursacht haben, bei dem eine Freudin tödlich verletzt wurde. Wie geht das Leben für die Familie weiter? Wie lebt man mit der Schuld? Wer hat überhaupt Schuld? All das sind Fragen, denen der Roman auf den Grund geht.
Neben der Familie Wilf wird auch das Leben der Nachbarn Shenkman betrachtet, denn auch wenn diese Familie erst Jahre nach dem Unfall in die Devision Street gezogen ist, wird auch deren Leben von den damaligen Ereignissen beeinflusst.

Leseeindruck: Ich bin förmlich durch die Kapitel geflogen, da diese recht kurz sind und durch den wechselnden Blickpunkt auf die verschiedenen Charaktere ist stets für Abwechslung gesorgt. Außerdem springt man auch munter durch die Jahrzehnte. Die Handlung spielt zwischen den Jahren 1985 und 2020, zwischen denen auch der Erzähler hin und her springt. So musste ich immer recht aufmerksam bleiben, um nicht den Anschluss an den aktuellen Handlungsstrang zu verlieren. Mich hat diese Erzählweise sehr angesprochen, weil sich einfach mit der Zeit ein immer komplexeres Bild des Familiengefüges zusammensetzt. Alle gehen unterschiedlich mit dem Erlebten um und auch das "normale" Leben muss irgendwie weitergehen und formt die Figuren ebenso. Dieses Zusammenspiel zwischen Schuld, Weiterleben und Verarbeiten hat mir sehr gut gefallen.

Scheinbar losgelöst von all dem ist die Geschichte der Familie Shenkman. Sie haben nichts mit dem Unfall von damals zu tun und doch ergibt irgendwie alles ein großes Ganzes. Jede Handlung oder Entscheidung hat Einfluss auf unsere Mitmenschen. In diesem Fall die Nachbarn Shenkman. Ben Wilf, der Vater von Theo und Sarah hätte ohne den Unfall und dessen Folgen wohl ein ganz anderes Zusammentreffen mit dem Nachbarssohn Waldo gehabt. Die Beziehung der beiden ist so besonders. Es hat mich gerührt zu sehen wie wichtig Menschen füreinander sein können und das gegenseitiges Verstädnis so prägend ist. Unglaublich, dass Waldo dieses Verständnis zuerst bei einem ihm fremben Nachbarn macht, bevor seine Eltern ihm dieses entgegenbringen können. Ich habe beim Lesen selten so viel Wut verspürt, wie gegen Waldos Vater. Aber lest einfach selbst.

Fazit: Eine berührende Geschichte, die die richtigen Fragen stellt, niemanden verurteilt und zeigt, dass unser Handeln auch Auswirkungen auf Menschen haben kann, an die wir zunächst überhaupt nicht denken.