Das Leben und der Tod

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singstar72 Avatar

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Zoran Drvenkar ist also zu seinen Wurzeln zurückgekehrt… er schreibt wieder fantastische Geschichten für jüngere Leser. Obwohl er seine größten Erfolge mit Thrillern für Erwachsene gefeiert hat. Dennoch, die unverkennbaren Züge seines Stils sind erhalten geblieben. Und ich finde, dass es sich bei diesem Buch durchaus um „all-age“-Literatur handelt.

Ich finde die Leseprobe besonders liebevoll und gründlich betreut und ausgewählt! Das hat man sonst selten von Verlagen. Es sind drei verschiedene Stellen aus dem Buch, aber sie werden alle ausführlich im Kontext erklärt, und mit einem Einleitungstext versehen. Das hat mir gut gefallen! Es verrät auch mehr von der Geschichte, als wenn man die 50 Seiten alle am Stück genommen hätte. Wir erleben die Heldin zunächst bei ihrer Geburt, dann als Zehnjährige, und zuletzt als junge Frau. Es ist schon jetzt eine Entwicklung auszumachen, die spannend zu werden verspricht!

Das alles ist natürlich hoch symbolisch. Wie schon der Name der Heldin: „Vida“ bedeutet „Leben“…! Und genau das ist ihr Talent: sie hält sich im Grenzbereich zwischen Tod und Leben auf. Sie kann mit Toten sprechen, und ihnen den Weg ins Licht weisen. Der Beginn ihres eigenen Lebens ist zudem mit einem Tod erkauft worden: ihre Mutter ist bei der Geburt gestorben. Das ist natürlich ein Pfand und sozusagen ein starker Schutzzauber.

Neu ist der zeitliche Rahmen, der Hintergrund, den Drvenkar hier wählt. Er versetzt die Geschichte zurück ins Sibirien des 18. Jahrhunderts. Seltsam, das war bisher in wirklich allen seinen Büchern so: immer geht es um Kälte, um Winter, um Schnee. Ich würde den Stil als halb realistisch und halb fantastisch bezeichnen. Was die Lebensumstände der Menschen betrifft, ist das schon zeitgenössisch. Allerdings ist eine kräftige Portion Aberglaube, Mystik und Übersinnliches enthalten. Es geht letztlich um nichts Geringeres als den Kampf Gut gegen Böse. Und Vida soll eine Schlüsselrolle in diesem Kampf spielen.

Aus einem seltsamen Grund fühlte ich mich an Harry Potter erinnert. Das lag hauptsächlich am Titel des ersten längeren Kapitels: Das Mädchen, das leben wollte. Bei Harry Potter hieß es: Der Junge, der lebte… Etwas Biblisch-Apokalyptisches hat das Ganze natürlich auch. Diese eine Person, die unscheinbar aufwächst, und dazu ausersehen ist, die Menschheit zu retten… sei es vor Voldemort oder dem Tod…

Die Sprache ist anders als in den Büchern für Erwachsene. Längst nicht so drastisch und brutal-kühl, allerdings auch täuschen einfach. Auf keinen Fall oberflächlich. Die Dinge werden durchaus beim Namen genannt, ohne jedoch übermäßig blutrünstig zu sein. Schnörkellos, dennoch deskriptiv und bildhaft.

Mir hat das Ganze wirklich ausnehmend gut gefallen. Ich würde mich freuen, dieses Buch lesen zu dürfen. Nicht nur, weil ich die Thriller von Drvenkar so mochte!