Ein tränenreiches Leseerlebnis - authentisch und gefühlvoll

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Man darf sich seines Lebens nicht so sicher sein, denn eine einzelne Sekunden kann das Leben von Grund auf verändern. Genau diese Erfahrung muss Lauren machen, denn bei ihr wird ein Gehirntumor festgestellt. Schnell steht fest, dass dieser unheilbar ist und die ihre Sanduhr immer schneller zu rieseln beginnt. Die Angst vor dem Sterben hört irgendwann auf. Doch die Angst vor den Qualen und den dahin siechen – die Angst davor, dass ihre Kinder , ihre Familie und ihre Freunde sie letztlich nicht mehr als die lebenslustige Frau und Mutter in Erinnerung haben, werden, sondern nur noch diese fremde Person, die sich an niemand mehr erinnert, wird schließlich immer stärker und so bleibt nur ein Ausweg: ein würdevoller Tod. Bei einer letzten gemeinsamen lichtblauen Sommernacht, nimmt sie Abschied von alle den wichtigen und bedeutenden Personen die ihr Leben begleitet haben und erinnert sich dabei zurück wie sie die Liebe ihres Lebens kennen und schließlich lieben gelernt hat. Sie erinnern sich an die schöne Stunde als kleine Familie, aber auch an verlorene Zeit, weil man oft Entscheidungen fällt, die sich im Nachhinein als nicht sinnvoll erweisen oder Dinge einfach immer wieder aufschiebt. Aber auch in diesen letzten Stunden denken sie zurück wie ihnen allen der Boden unter den Füssen weggezogen wurde, als es hieß: unheilbar…

In „Lichtblaue Sommernächte“ begibt sich die Autorin Emily Bold auf ein heikles und sensibles Terrain. Behutsam, würdig, einfühlsam und vor allem authentisch erzählt sie vom aussichtslosen Kampf einer jungen Frau. Dabei vermittelt die Autorin dem Leser selbst Teil, dieser alles entscheidenden Nacht zu sein. Ich habe mich immer wieder gefühlt als sitze ich mit am Lagerfeuer um Zeuge dieses emotional geladenen Abschieds zu sein. Laurens Wunsch für diesen Abend war es, dass keine Tränen fließen sollen. Auch ich wollte mich daran halten, aber genauso wenig, wie es den Protagonisten gelang, gelang es auch mir nicht, die Tränen zurück zu halten, denn die Geschichte berührt ganz tief drinnen. Den am Ende ist es ganz egal wie stark man glaubt zu sein, denn eine solche Situation macht einen machtlos und schwach. Es fällt sehr leicht sich auf die Geschichte einzulassen, denn jeder Einzelne der Protagonisten ist so lebensecht – so real – dargestellt, dass man das Gefühl hat, dass es die netten Nachbarn von neben an sind. Und trotz des schweren Themas, kam man nicht umhin hier und da zu lächeln. Ein kleiner Moment um die Tränen wegzuwischen und weiter zu lesen. Immer wieder kommen kleine komische und witzige Anekdoten vor, denen man sich nicht entziehen kann - ganz so wie im wirklichen Leben. Sie sind dabei so geschickt in den Lauf der Geschichte eingeflochten, dass sie nicht aufgesetzt, erzwungen oder unangebracht wirkten.

Das neuste Werk von Emily Bold zieht den Leser komplett in den Bann. Hat man einmal begonnen abzutauchen in Laurens Erzählung, ist es schwer wieder aufzutauchen – eigentlich will man das auch nicht. Mit „Lichtblaue Sommernächte“ hat Emily Bold ein Meisterwerk geschaffen. Ein Werk über ein Thema, dass man liebsten verdrängt und nicht wahr haben will. Aber es passiert jeden Tag um uns herum. Mutig hat sie auch das Thema Sterbehilfe aufgenommen und dies passend eingeflochten und erzählt und damit regt sie an sich selbst Gedanken zu machen: Was würde ich tun wenn?
Am Ende klappt man das Buch zu und man hält für einen Moment inne. Man ist überwältigt von dem Gelesenen. Und man beginnt ganz automatisch über sein eigenes Leben und die verpassten Gelegenheiten und aufgeschobenen Wünsche nachzudenken.