Aus der Dunkelheit ausbrechen, um zu singen

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owenmeany Avatar

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Sanft, zärtlich klingen die Stimmen der Erzähler, eine unerklärliche Melancholie zieht sich von Beginn an schon durch das erste Kapitel um Ellis, deren Ursache sich erst im Laufe des Romans Seite für Seite entblättert.

Wahre Liebe ist non-binär, aber hinter jedem Glück lauert Krankheit und Tod. Sarah Winman wendet ihre gesamte Empathie auf, die Gegensätze zu versöhnen, die ganz besonders zwischen der rüden Maskulinität des Vaters und den künstlerischen Interessen von Mutter, Sohn und dessen Freund aufbrechen.

Ein ausdrucksstarkes Bild hierfür sind van Goghs Sonnenblumen, die ihrerseits zu dem alles verheißenden und enthüllenden Sommer in der Provence hinführen.

Die verwirrenden Zeitsprünge sind nicht willkürlich gewählt, sondern beantworten die Fragen, die alle Kümmernisse der Gegenwart aufwerfen, durch Rückblenden. Könnte man nur im wirklichen Leben die Begebenheiten auch aus verschiedenen Perspektiven der betroffenen Personen anschauen - wieviel Missverständnisse könnten so vermieden werden.

Die lyrischen Naturschilderungen beschwören visuelle Impressionen herauf. Besonders berühren mich die Überschneidungen, die Szenen und Dialoge, die sowohl Ellis als auch Michael im gleichen Wortlaut erwähnen, wie in einer Symphonie, die ein Motiv wieder aufnimmt in anderem Zusammenhang. Und dieses Déja vu verursacht mir jedesmal einen kleinen Schauder.

Wahre Liebe ist non-binär.