Ein echter Kehlmann

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singstar72 Avatar

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Ich erkenne den Autor von "Vermessung der Welt" und "Ruhm" sofort wieder. Die Sprache ist trügerisch einfach, doch die verwendeten Bilder und Situationen schildern etliche Untiefen. Diese Schreibweise verwebt geschickt eine vordergründige Handlung mit seelischen Vorgängen. Und zudem stellen sich nach dieser Leseprobe dem Leser etliche Fragen.

Im Klappentext war die Rede vom Regisseur G. W. Pabst. In der Leseprobe geht es jedoch zunächst um Franz Wilzek, der über Pabst reden soll. Franz lebt im Altenheim, und leidet offenbar bereits an einer Demenz. Warum lädt man ihn denn dann in die Talkshow ein? Ein ungeheuerliches Wagnis! Die Gefahr einer Blamage in der Live-Sendung ist groß. Und so kommt es ja dann auch.

Franz wird insbesondere zu einem bestimmten Film befragt, den er mit Pabst gedreht haben soll. Als Leser spürt man: diesen Film gab es, aber Franz hat es verdrängt, leugnet es. Was ist nur damals passiert? Oder ist Franz am Ende selber G. W. Pabst inkognito??

Sehr, sehr gut gemacht ist die Schilderung der Vorgänge aus der Sicht eines Demenzkranken. Alles dreht sich, Fäden verwirren sich. Und rührt man an seelische Wunden, wie der Moderator mit seinen unbedachten Fragen, dann kann schon mal ein Wutausbruch folgen. Wirklich grandios geschrieben!

Was ich mich allerdings noch frage, ist, inwiefern das Kino hier wirklich Thema werden soll. Oder geht es doch mehr um die Kriegserinnerungen des Franz Wilzek? Wer ist Franz Wilzek? Und was ist aus Pabst geworden?? Schon sehr spannend. Ich blicke diesem Buch mit Vorfreude entgegen.