Drehtage

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wilde hummel 1 Avatar

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Wieder hat Daniel Kehlmann eine reale historische Figur zum Mittelpunkt seines Romans erwählt. Nach Humboldt oder Tyll erweckt er den in der Weimarer Republik bekannten und hochgeschätzten Regisseur G.W. Pabst zu neuem Leben. Von Anfang an fesselt der Roman als Dokufiktion, eine gelungene Mischung aus tatsächlich belegten Fakten und phantasievoller Prosa, die Daniel Kehlmann als glaubhafte Fiktion aus der sehr gründlich recherchierten Biografie von G.W. Pabst (der große Pabst) und weiteren bekannten Filmgrößen und den weltpolitischen Fakten weiterspinnt. Einerseits dokumentiert er und gibt einen gründlichen Einblick in das Filmschaffen, andererseits füllt er die Zwischenräume mit spannenden Geschichten. Und Pabst war nicht nur ein kreativer Filmemacher, er war wohl auch ein äußerst ehrgeiziger, detailgenauer Produzent, der neben dem Drehen vor allem den exakten Filmschnitt beherrschte. Was macht den Roman nun so besonders? Zum einen sicherlich die Frage der Verführbarkeit, der schleichenden Anpassung an ein System, wenn man seine Ideen verwirklichen will. Welcher Preis oder wieviel Verdrängung ist noch moralisch akzeptabel, wenn die Kunst sich selbst erschaffen will. Ein weiterer Aspekt sind die raffiniert ineinander geschobenen Romanepisoden. Das erinnert an den präzisen Filmschnitt, in welchem einzelne Bilder ohne Bruchstellen miteinander verbunden werden. Am Ende des 2. Weltkrieges geht G.W. Pabst sein 'bester Film' verloren und auch der große Filmemacher verschwindet in der Belanglosigkeit. Ein lesenswerter Roman, nicht nur für Cineasten.