Filme drehen um jeden Preis

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Georg Wilhelm Papst, der berühmte österreichische Regisseur in Stummfilmzeiten, flieht zur Machtergreifung der Nazis mit Frau und Kind nach Hollywood. Doch dort ist er ein Niemand, kommt mit der amerikanischen Mentalität nicht klar und entscheidet sich schweren Herzens, in sein Heimatland und zu seiner alten Mutter zurück zu kehren. Seine Versuche, unter dem Nazi-Regime möglichst unpolitisch zu bleiben und trotzdem Filme zu drehen, verlangen ihm und seiner Familie viel ab.
Es ist die Geschichte von einem Menschen, der um jeden Preis seiner Berufung folgen möchte. In dem für ihn typischen interessanten Schreibstil beschreibt Kehlmann in seinem Buch "Lichtspiel", wie der ehemals rote Papst unter diesen Umständen arbeitet und verzweifelt versucht, mit seinen Filmen den eigenen Ansprüchen und denen der Nationalsozialisten gerecht zu werden. Er erzählt dies nicht immer chronologisch, sondern springt in verschiedene Erzählzeiten. Eine davon ist die wunderbare Episode des alten Franz Wilzek, der als Regieassistent unter Papst gearbeitet hat und dem in dieser Geschichte eine ganz besondere Rolle zukommt. Allerdings empfinde ich diese Sprünge manchmal als anstrengend, möchte ein paar mal zurückblättern und in einem vorangegangenen Kapitel nachlesen.
Sehr gut beschrieben finde ich auch die Auswirkung von Papsts Arbeit auf seine Familie. Während sein Sohn früh lernt, sich den Gegebenheiten anzupassen und zur Hitlerjugend geht, hat seine Frau kein Verständnis für die Besessenheit ihres Mannes, Filme um jeden Preis zu drehen. Ihre eigene Karriere muss sie unter den gegebenen Umständen hinter der ihres Mannes vollständig zurückstellen.
Ich habe viel Interessantes in diesem Buch darüber gelernt, wie man Filme dreht, wie die Kameraführung sein kann und welche Möglichkeiten des Ausdrucks es für einen Regisseur geben konnte. Spannend auch, von den großen Namen aus vergangener Zeit zu lesen wie Greta Garbo, Louise Brooks, Peter Alexander, Ilse Werner, Billy Wilder, Fritz Lang und Ernst Lubitsch.
Es ist ein Buch mit vielen Facetten, das Kehlmann hier geschrieben hat: ein biographisches, historisches und politisches Buch über ein Genie und die Kunst in schrecklichen Zeiten. "Wichtig ist, Kunst zu machen unter den Umständen, die man vorfindet" (S. 305), das war der Leitsatz des großen G. W. Papst, dem er in seinem Leben stets treu geblieben ist.