Großartiger Roman

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Der neue Kehlmann ist ein großartiger Roman über Kunst und Macht und zugleich ein gut recherchiertes Zeitzeugnis des Dritten Reichs.
Im Mittelpunkt steht eine historische Figur, der erfolgreiche und geschätzte Filmregisseur G.W.Pabst, vielleicht der größte seiner Epoche.
Nachdem er einige Filme in Frankreich gemacht hat, kommt er nach Hollywood; seine Berühmtheit war gefragt, doch letztlich interessierte diese Filmemachern sein Können nicht wirklich. Man funkte ihm dazwischen und er konnte einen guten Film nach seinem Verständnis nicht verwirklichen.
Die Krankheit seiner Mutter zieht ihn zurück zum Familienanwesen nach Österreich, jetzt Ostmark. Er glaubt, das er danach wieder ausreisen und vielleicht wieder in Frankreich weitermachen kann. Freunde warnen ihn, doch er erfasst zu der Zeit noch nicht das Ausmaß der Machtergreifung. So sitzt er schließlich dort fest.
Aber schon die Zustände auf dem Schloss, wo die Mutter wohnt und der Hausmeister mit seiner Familie, zeigen die krasse Veränderung der Verhältnisse. Der immer hilfsbereite und gutmütige Hausmeister ist als NSDAP Ortsgruppenleiter zu einem Ekel mutiert.

Der Propagandaminister will Pabst unbedingt als Filmregisseur haben, auch wenn er früher sozialkritische Filme gemacht hat. Anfangs glaubt Pabst noch, er könne sich da zurückhalten, doch es wird ihm gedroht und sein Widerstand läßt zunehmend nach.
Auch seine Frau macht im Lesezirkel, in den sie mehr oder weniger gezwungen eingetreten ist, die Erfahrung, dass Meinungsfreiheit gefährlich ist und jedes Wort auf die Goldwaage kommt.

Hätte Pabst sich wehren können? Hatte er eine Chance, moralisch zu agieren und trotzdem am Leben zu bleiben? Können wir das im Nachhinein überhaupt erfassen und beurteilen ? War er ein Mitläufer oder nur ein leidenschaftlicher Künstler, dem die Kunstausübung über alles ging? Als Leser war ich hin und her gerissen und kann mir kein Urteil anmaßen.

Kehlmann erzählt in Episoden die Entwicklung der Ereignisse und damit auch der Protagonisten. Er bewertet nicht, zeit vielmehr die inneren Kämpfe und Veränderungen in einer klaren und einnehmenden Sprache.
Die Thematik ist nicht etwas alt oder gar veraltet, vielmehr wieder aktuell und eine grundsätzliche.
Wenn auch eine bedrückende Grundstimmung, so ist dies vor allem ein grandioser Roman zum Thema Kunst, Freiheit und Macht. Er hat das Zeug zur Schullektüre. Ein wichtiges Buch!