Kintopp - meisterhafte Ablenkung

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cadoli Avatar

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Daniel Kehlmann ist es wiederum großartig gelungen in seinem neusten Roman, vergangene Welten auferstehen zu lassen - Realität und Fiktion zu verschmelzen und dabei perfekt zu unterhalten.
Die Frage darf Erfolg und künstlerische Ambitionen über alles gestellt werden, und dadurch Unterhaltung als Mittel zur Propaganda von ideologische Gedankengut, Tür und Tor geöffnet werden, damit setzt sich der Autor in seinem neusten Werk auseinander. Vieles wurde mir nach der Lektüre klarer, die Optionen vor denen Künstler standen, ein wenig nachvollziehbarer.
Das Cover sehr edel, klassisch schwarz-weiß - Buchtitel groß plakativ (fällt im Buchhandel bestimmt ins Auge) - passend gewählt, gefällt mir sehr gut

Ein Fahrer holt aus dem Sanatorium Abendruh, den betagten Franz Wilzek zu einem Fernsehinterview ab, dieser hat früher als Kameraassistent bei dem Filmregisseur G.W. Pabst gearbeitet. Seine Erinnerungen sind allerdings nur noch bruchstückhaft und so endet sein Auftritt in einem Fiasko.
Genialer Einstieg in die Geschichte, Neugierde auf den Fortgang war sofort geweckt.
Kehlmann erzählt nun die Geschichte des berühmten Regisseur, der nach seiner Flucht in Amerika nicht an seine früheren Erfolg anknüpfen kann, auch der Tatsache geschuldet, dass seine mangelhaften Englischkenntnisse in daran hindern, konkrete Vertragsverhandlungen zu führen.
Da seine Mutter in Österreich seine Hilfe benötigt, fährt er und seine Familie dorthin und kann dann, das Land nicht mehr verlassen. Zukünftig soll er auf Geheiß des Ministers, metaphysische, edle Stoffe verfilmen.
All dies liest sich flüssig, die innere Zerrissenheit des G.W. Pabst, aber auch auch sein Streben nach Erfolg wird immer deutlicher.
Aus vielen Perspektiven wird die Geschichte erzählt, und so ist sie lebendig und gibt ein sehr stimmiges Bild der damaligen Zeit, aber auch die Entscheidungen Einzelner werden nachvollziehbar.
Besonders gefiel mir das Eintauchen in die damalige Zeit, fast alles was in der damaligen Zeit im Kino Rang und Namen hatte wird erwähnt.
Kehlmanns Schreibstil ist meisterlich, auch seine mitunter, fast eine halbe Seite einnehmenden Sätze.
Fesselnder, tiefgründiger Roman - absolut lesenswert