Lichtspiel - ein wahres Meisterwerk

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mrsamy Avatar

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Wenn Daniel Kehlmann einen neuen Roman veröffentlicht, dann ist man nicht nur neugierig, sondern hat auch hohe Erwartungen an den wohl derzeit bedeutendsten Autor Deutschlands. „Lichtspiel“ – so der Titel des Romans, entführt den Leser in das Leben von G. W. Papst – einem Genie der deutschen Kinogeschichte. Papst war in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts einer der berühmtesten Regisseure und wir können nun seine Lebensgeschichte, vor allem im Brennglas der Zeit des Nationalsozialismus hautnah miterleben. Was dabei Realität und was Fiktion ist, entzieht sich der eigenen Erkenntnis, jedoch, geht es zwar einerseits um das Leben und Wirken von Papst, andererseits aber auch um die Verhandlung, wie sich Kunst und Menschen in einer Zeit verändern und behaupten, in der nichts mehr sicher ist.

Während in Deutschland die Nationalsozialisten an die Macht kommen, gelingt es Papst mit Frau und Sohn ins ferne Hollywood zu flüchten. Doch dort ist er nicht mehr das Kinogenie, sondern ein Unbekannter, der verfilmen muss, was ihm die Geldgeber vorsetzten. Sein erster amerikanischer Kinofilm „A modern hero“ wird dann auch, wie von Papst vorausgesehen, ein totaler Reinfall. Kurzentschlossen fährt er mit seiner Familie zurück nach Frankreich, hat er doch von dort ein Angebot bekommen, endlich wieder einen Film nach seinen Vorstellungen zu machen. Doch dann erreicht ihm ein dringlicher Brief seiner Mutter, sie brauche seine Hilfe. So reist Papst nach Österreich, die nun die Ostmark ist und findet sich schon bald in den Fängen des Nationalsozialismus wieder. Der Minister will Papst unbedingt und er duldet keinen Widerspruch. Papst könne alles verfilmen, er bekäme alle Schauspieler und Geld spiele gleich gar keine Rolle. Papst denkt, er kann dem Werben widerstehen, er stehe über den Dingen, doch schon beginnt er im Sumpf zu versinken.

„Lichtspiel“ erzählt aus verschiedenen Perspektiven von Papsts Leben und Wirken in den 1930er bis 1940er Jahren. Manchmal wird die Geschichte direkt aus der Perspektive von Papst erzählt, dann wieder aus der Sicht seiner Frau, seines Sohnes, von Menschen, die ihn nur lose kennen. Damit entsteht ein vielschichtiges Kaleidoskop, das auch die (schreckliche) Besonderheit der damaligen Zeit hautnah erlebbar macht. Es ist manchmal das subtile, manchmal das grobe, welches einen innehalten und nachdenken lässt. Der Roman lässt sich wunderbar lesen und hat mich tief in die damalige Zeit eintauchen lassen. Einmal begonnen, konnte ich das Buch nur noch schwerlich aus der Hand legen. Kurzum: ein wahres Meisterwerk, das als Nebenerscheinung Lust macht, sich mit den historischen Persönlichkeiten der Kinogeschichte als auch sich mit der Kinogeschichte selbst auseinanderzusetzen.