Literatur-Kino

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jentis4711 Avatar

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Was habe ich mich auf den neuen Kehlmann gefreut - und viel erwartet! Ich habe einen guten Roman gelesen, der trotz allem nicht meine (zugegebenermaßen hohen) Erwartungen erfüllen konnte.
Kehlmann schreibt wie immer großartig: scharfsinnig, witzig, auf den Punkt. Doch die einzelnen Kapitel waren meist nur in sich gut, im Gesamtkonstrukt erschienen sie mir jeweils oft austauschbar, sowohl von den gewählten Ereignissen als auch von der (wechselnden) Erzählstimme her. Natürlich, alles trägt zum weiteren Verlauf bei, aber genauso gut hätte sich anderes erzählen lassen. Die einzelnen Fäden sind quasi hinreichend aber nicht notwendig. Erst im letzten Drittel wird der Teil der Geschichte erzählt, der sich aufdrängt - zugleich bleibt ab da viel im Dunkeln, weil der Wahrnehmung der Figur nicht mehr getraut werden kann. Für einen Autor, der sonst brilliant mit der Vermischung von Fakten und Fiktion arbeitet, wirkte er an dieser Stelle seltsam zurückhaltend.
„Lichtspiel“ ist sehr hochwertige Unterhaltung, verhandelt wichtige Themen (z.B. Mitläuferschaft vs. sich-raushalten, Spannung zwischen Kunst und Moral, Zeitkolorit der gesellschaftlichen Nische der Künstler), hat mich jedoch insgesamt weniger gefesselt als erhofft.