Reichlich dünn!

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pawlodar Avatar

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Da lebt ein Autor von seinem Ruhm! Das gewählte Sujet ist zugegebenermaßen bestechend: G.W. Pabst, einer der herausragenden Regisseure aus der Weimarer Zeit, die doch wahrhaftig brillante Leistungen im Bereich der Filmkunst aufzuweisen hat, wird in den Blick genommen.

Nach frustrierenden Erfahrungen in Amerika kehrt Pabst zurück, um Familienangelegenheiten zu ordnen, und wird vom Naziregime vereinnahmt. So weit, so gut. Was dann jedoch enttäuscht, ist die frappierende Konturlosigkeit der Hauptfigur. Wenig prägnant gestaltet, schleust der Autor seinen blass bleibenden Helden durch alle Fährnisse der historischen Entwicklung. Unerträglich das penetrante name-dropping, das Authentizität vorgaukelt. Stattdessen sind manche Szenen von einer ärgerlichen Plattheit, die in unstatthafter Weise verharmlost, wie etwa die Darstellung des Literaturkränzchens.

Selten die Textpassagen, die beweisen, was diesem Autor an Gestaltungskraft zu Gebote stände, würde er nur genügend Sorgfalt und Kreativität aufbieten. So ist das Kapitel, das die Bahnreise nach Österreich aus der Perspektive des kleinen Sohnes erzählt, beklemmend und sprachlich beeindruckend. Überhaupt ist es allerdings als erzählerische Verlegenheit anzusehen, wenn unvermittelt vorgenommene Perspektivwechsel notwendig werden, um den Erzählfluss aufrecht zu erhalten.

Andere durchaus originelle Ideen, so etwa die Flucht aus Prag so darzustellen, als handele es sich um die meisterliche filmische Umsetzung durch den genialen Regisseur, sind endlos ausgewalzt und verlieren dadurch ihre ursprüngliche Eindringlichkeit.

Insgesamt erweist es sich, dass für die enorme Länge dieses Romans von 470 Seiten Kehlmanns gestalterische Kraft nicht ausreicht. Die Längen, die sprachlichen Unzulänglichkeiten, die Profillosigkeit der Personen lassen die Lektüre zu einer Enttäuschung werden!