Sanft und hart zugleich

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tochteralice Avatar

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So wirkt die Darstellung von Levs Leben auf mich, das die Autorin Iris Wolff hier erzählt. Von einem Jungen, später einem Mann, der von Südosteuropa aus Europa für sich entdeckt. Stellenweise, sogar ziemlich oft, fällt es zusammen mit dem Schicksal von Kato, aber eben nicht immer.

Hineingeboren in einen sozialistischen Staat, nämlich Rumänien, wächst Lev im Regime Ceaușescus mit all seinen Hürden und Einschränkungen, aber auch den vorhandenen Schlupflöchern, auf, hauptsächlich bei seiner Mutter, ab und an kommen auch die Großeltern ins Spiel. Früh macht er die Erfahrung von Mobbing in der Schule, entscheidet sich dafür, selbige zu verlassen und mit seinen deutlich älteren Brüdern im Wald zu arbeiten. Das bekommt ihm auf Dauer nicht - nach einem schweren Unfall ist er monatelang zu Hause ans Bett gefesselt. Dort bringt ihm Kato die Aufgaben und erklärt sie ihm, nach einer anfänglichen Ablehnung durch Lev freunden sie sich an - Kato wird zu seinem Lebensmenschen, der Person, mit der er alles teilen kann.

Irgendwann folgt sie dem Deutschen Tom, der auf seinem Fahrrad durchs Dorf geradelt kommt, in die Welt - und entgleitet damit Lev und seiner Welt. Doch das ist nur ein Abstand auf Zeit, denn Lebensmenschen verlieren sich nicht.

Iris Wolff besticht durch ihre Sprache, die Kraft, die in ihr steckt, aber ebenso durch Zartheit an den passenden Stellen. Sie erzählt sozusagen rückwärts, lässt vieles aus beziehungsweise überlässt es gelegentlich den Lesern, aus bestimmten Zusammenhängen Rückschlüsse zu ziehen. Kein Buch für Detailverliebte oder Leser, die allem auf den Grund gehen möchten während ihrer Lektüre.

Ich habe durch diesen Roman zahlreiche Anregungen zur Recherche von Hintergründen erhalten. Ein schmaler, aber gewichtiger Band. Ein Roman, der seinen Fußabdruck in der Literaturgeschichte hinterlassen wird, dessen bin ich mir sicher.