Sehr schön geschrieben, mit kleineren Längen

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
schneewehe Avatar

Von

"In allem gab es diese Dunkelstellen, wo die Erfahrung aufhörte und die Erinnerung anfing. Etwas blieb, und etwas ging verloren, manches schon im Augenblick des Geschehens, und wie sehr man sich auch bemühte, es tauchte nie wieder auf. Erinnerungen waren über die Zeit verstreut wie Lichtungen. Man begegnete ihnen nur zufällig und wusste nie, was man darin fand. Die eindrücklichsten Momente, das, was sich nicht verlor, gehörte einem nie alleine. Die Angst gehörte einem alleine. Das Vergessen. Alles sonst, dachte Lev, bleibt nur durch andere gegenwärtig." (Zitat aus dem Buch)

In Iris Wolffs Buch folgt man Lev durch seine Erinnerungen. Dabei wird sein Leben rückwärts erzählt und man geht von Kapitel zu Kapitel mehr in die Vergangenheit. Daran musste ich mich erst gewöhnen, doch dieser ungewöhnliche Aufbau ist auch sehr spannend, da manches erst einmal so für sich stehend noch unverständlich bleibt, sich dann aber durch eine weitere, frühere Erinnerung erklärt. So sammelt man mehr Erkenntnisse über Lev je weiter man liest und die Personen, die am Anfang nur Namen ohne viele Eigenschaften sind, werden mehr und mehr zu Personen mit ihrer ganz eigenen Geschichte. Levs Freundin Kato stellt dabei quasi den roten Faden durch die Erinnerungen dar und taucht immer wieder auf.

Ich konnte mich nicht in jeder Szene in Lev hineinversetzen, doch es gab auch viele Momente, wo ich mit ihm mitfühlen konnte. Es ist kein Roman, den man mal nebenbei lesen kann, da man sich schon auch etwas konzentrieren muss, da die Kapitel eben einzelne Szenen und Erinnerungen aus Levs Leben darstellen. Teilweise liegen größere Zeiträume zwischen den Erinnerungen. Sie setzen sich jedoch mit sehr angenehm geschriebenem Stil zu einem Ganzen zusammen und nach und nach lernt man Lev und die anderen Personen in seinem Leben besser kennen und verstehen, indem man ihre Vergangenheit und ihre Erlebnisse kennenlernt.

Das Buch regt zum Nachdenken an und auch wenn der besondere, rückwärtsläufige Aufbau ab und zu das Lesen etwas anstrengend macht, ist er doch auch etwas Besonderes und es hat mir insgesamt sehr gut gefallen.