Vom Gehen und Bleiben

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anna.liest Avatar

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Lev und Kato. Kato und Lev. Als Kinder lernen sie sich kennen und sind fortan eng miteinander verbunden. Auch wenn sie sich zwischendurch immer mal wieder kurz aus den Augen verlieren, Missverständnisse dazwischen kommen und nicht zuletzt die politischen Umstände in ihrem Land. Denn beide wachsen auf im Rumänien der 1980er Jahre. Während u.a. auch Levs Großvater die Gelegenheit zur Flucht nutzt gibt es für Lev keinen Grund zu gehen.

"Man ist, einmal gegangen, immer ein Gehender." (S. 27)

Kato dagegen sieht wie so viele vor ihr die einzig logische Konsequenz im Gehen. Die stille aber selbstbewusste Kato, Freigeist und Künstlerin, will weg aus der Enge ihrer Heimat und nutzt die Gelegenheit als sie Tom kennenlernt. Mit ihm reist sie quer durch Europa, immer in Gedanken an Lev dem sie Postkarten schreibt mit Grüßen, oft belanglosen Beobachtungen bis sie ihm eines Tages die Frage stellt: "Wann kommst du?"

Iris Wolff erzählt in ihrem Roman "Lichtungen" die Geschichte von Lev und Kato rückwärts, beginnend am Ende, was vielleicht noch gar nicht das Ende ist. Sehr poetisch, sehr bildhaft schildert sie eine ganz besondere Beziehung die alle Widrigkeiten überdauert.

Ähnlich wie ihre Protagonistin Kato, die ihr Geld mit Straßenmalerei verdient, zeigt sich Iris Wolff als Künstleri der Sprache denn aus scheinbar alltäglichen Worten zaubert sie Sätze die mich beeindruckt haben.
"Er wartete in einer Schlange auf Butter und Brot. Er wartete auf den Frühling, auf den Regen, auf das Ende seiner Einsamkeit." (S.94)

Vieles scheinbar Wichtige wird nur angedeutet während an anderen Stellen winzige alltägliche Beobachtungen sehr eindrücklich beschrieben werden. Genau das machte für mich den Reiz der Geschichte aus.

Ein ruhiges, intensives Buch das mich auch ohne großen Spannungsbogen gefesselt und vor allem sprachlich überzeugt hat und schon jetzt im Januar eins meiner literarischen Highlights ist.